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Die gemeinsame Ursache für AD(H)S liegt oft in einer Reizüberflutung, die zu sensorischen Problemen führt, erläutert die Neuropädiaterin Dr. Caroline Maxton. Viele betroffene Kinder nehmen z.B. Schmerzen, Lautstärke, Geruch und Geschmack stärker wahr als andere und sind dann zum Beispiel nach einem Vormittag auf dem vollen Schulhof und im lauten Klassenzimmer völlig gestresst und erschöpft. Einige weinen ohne Grund, andere können kaum das Wasser auf der Haut beim Duschen ertragen. Andererseits erweisen sich die gleichen Kinder in einem ruhigen Arztzimmer als durchaus „nett, freundlich und liebenswert“.
Das Cliché vom aufmüpfigen Zappelphilipp oder vom uninteressierten Träumer ist also nur eine Seite der Erkrankung. AD(H)S habe viele Gesichter, schreibt Maxton. Nicht alle seien schlecht in der Schule. Viele betroffene Kinder, wenn auch nicht alle, seien hypersensibel. Sehr häufig sind laut Maxton bestimmte sensorische Begleiterkrankungen und -störungen wie Wahrnehmungsstörungen beim Hören oder Sehen, Schreib- oder Rechtschreibstörungen, nächtliches Einnässen oder Einkoten, Restless-Legs-Syndrom, gestörtes Temperaturempfinden, fehlendes Sättigungsgefühl oder wählerisches Essverhalten sowie Adipositas oder Depression.
Auch chronische Schmerzen mit Hypersensitivität und einer verlängerten Schmerzwahrnehmung sind laut Maxton bei AD(H)S häufig. Die Autorin verweist auf eine Studie, laut der von 153 Schmerzpatienten fast drei Viertel Symptome einer AD(H)S aufwiesen, die sich bei vielen durch eine medikamentöse Behandlung signifikant besserten. Bei Kindern mit Migräne oder Spannungskopfschmerzen sollten ÄrztInnen daher immer auch eine AD(H)S-Diagnose und -Behandlung in Betracht ziehen, empfiehlt die Autorin. In einem geschilderten Fall ging durch Methylphenidat sogar eine kindliche Rheuma-Erkrankung, eine schwer therapiebare juvenile Arthritis, zurück.
Die gute Nachricht lautet also: Man kann etwas tun. Kein Kind muss Reizüberflutung, Schmerzen, fehlende Konzentrationsfähigkeit oder sensomotorische Störungen einfach so hinnehmen. Methylphenidat kann offenbar helfen und durch die Besserung auch andere Therapien wie Psycho-, Physio- und Ergotherapien bei solchen Kindern ermöglichen, die dafür bisher nicht empfänglich waren.
Trotzdem sollten ÄrztInnen, TherapeutInnen und Eltern immer zuerst genau hinschauen, bevor sie mit Tabletten anrücken. Manchmal hilft es vielleicht auch, sich in der Pause in eine ruhigere Ecke auf dem Schulhof zurückzuziehen oder nach der Schule durch einen Spaziergang oder Fahrradfahren an der frischen Luft zur Ruhe zu kommen. Denn wenn Medikamente auch viel bewirken können – der Griff zur Tablette sollte immer nur das letzte Mittel der Wahl sein.
Stephanie Hügler / physio.de
ADHSKinder
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