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Woran erkenne ich eine gute Studie, woran eine schlechte? Ein einfaches, praktikables Werkzeug (auch für den Anfänger im Studien-Lesen) stellt die PEDro-Skala dar.
Elf Kriterien, Elf Punkte
Die Skala besteht aus elf Kriterien. Wird ein Kriterium erfüllt, erhält die untersuchte Studie einen Punkt. Auf der Skala können also maximal elf Punkte vergeben werden.
Folgende einfach formulierte Beschreibungen helfen Ihnen, Unklarheiten zu beseitigen und können als Nachschlagewerk dienen:
Wurde beschrieben, wie die ProbandInnen rekrutiert wurden? Etwa durch Aufruf in sozialen Medien, in der Universität, über Datenbanken oder ähnlichem? Ist dies im Methodenteil der Studie beschrieben, gibt es einen Punkt auf der Skala.
Wurden die Gruppen zufällig zugeteilt? Wenn dies nicht geschieht, kann es sein, dass die ForscherInnen unbewusst die Gruppen zugunsten der Intervention einteilen. Die sogenannte Randomisierung erfolgt meist über dafür entwickelte Computerprogramme, theoretisch könnten die Gruppen auch gewürfelt oder gelost werden. Wird dies beschrieben, gibt es einen Punkt.
Die Personen, die entscheiden, ob ein Proband für die Studie geeignet ist, dürfen nicht wissen in welche Interventions-Gruppe dieser aufgenommen wird.
Entweder erfahren die ProbandInnen durch eine unabhängige Person, welcher Gruppe sie zugeordnet werden oder die Zuteilung erfolgt über blickdichte Umschläge. Wird über diese Verblindung berichtet, gibt es einen Punkt.
Hierzu kann ein Beispiel herhalten: Ein Medikament wird eingesetzt, um die Auswirkung auf Schulterschmerzen zu beurteilen. In der Medikamenten-Gruppe haben die Leute schlimme Schmerzen, dokumentiert auf einer Schmerzskala (1-10) von durchschnittlich acht Punkten. Die Placebo-Gruppe hingegen klagt nur über leichte Schmerzen mit einem Wert von durchschnittlich drei. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sich die ProbandInnen mit sehr schlechten Werten in den nächsten Wochen verbessern (Regression zum Mittelwert). Dass ein wenig Schmerz in beiden Gruppen zurückbleibt, ist (leider) in vielen Studien zu erkennen. Würden am Ende der Studie alle ProbandInnen einen Schmerz von zwei angeben, hätte allein die Verteilung der ProbandInnen zu einem besseren Abschneiden des Medikamentes geführt. Bei diesem Punkt muss der Leser also aufmerksam die Daten der Gruppen vergleichen. Erscheint das Bild ausgewogen, gibt es hier einen Punkt.
Der Punkt steht für sich. Allerdings ist es häufig sehr schwierig in physiotherapeutischen Studien geheim zu halten, wer in der Kontrollgruppe ist. Placebo-Interventionen sind kaum durchzuführen und fallen den ProbandInnen meistens auf. Beispiel: Handauflegen als Vergleichsintervention zu einer manuellen Therapie. Erscheint es dennoch plausibel, dass die ProbandInnen nicht wussten, ob sie die Therapie- oder eine Kontrollbehandlung bekommen, gibt es hier einen Punkt.
Noch schwieriger stellt es sich mit der Verblindung der TherapeutInnen dar. Kriterium sechs ist der Hauptgrund, warum nur die allerwenigsten Studien die volle Punktzahl in der PEDro-Skala erhalten. In dem höchstseltenen Fall, dass die BehandlerInnen nicht wussten was sie taten, gibt es hier einen Punkt.
Viele physiotherapeutische Assessments sind störungsanfällig, wenn die eigene Erwartungshaltung das Ergebnis beeinflusst. Beispielsweise kann eine Winkelmessung der Kniegelenksbeweglichkeit sehr zum Wohlwollen der ForscherInnen ausgelegt werden, wenn diese wissen, dass Proband XY die Intervention erhalten hat. Wenn Dritte die Messung durchführen, kann diesem Verzerrungsfaktor vorgebeugt werden, und es gibt einen Punkt auf der PEDro-Skala.
Leider gehen während einer Studie einige ProbandInnen „verloren“. Ob aus Unlust, Krankheit oder gar den Tod, die statistischen Daten sind für die ForscherInnen nicht mehr vorhanden. Wenn 85 Prozent der TeilnehmerInnen am Ende der Untersuchung eine Messung erhalten, gibt es für dieses Kriterium einen Punkt.
Klingt kompliziert, aber ist gar nicht so schwierig zu verstehen. Im Optimalfall bleiben den gesamten Studienzeitraum alle ProbandInnen in der jeweiligen Untersuchungsgruppe. Dies ist leider nicht immer der Fall.
Beispiel: Es soll untersucht werden, inwiefern eine Operation des vorderen Kreuzbandes einen Mehrwert gegenüber eines sechsmonatigen Trainingsprogramms bringt. Zu Beginn sind gleich viele Personen in der Operations- sowie der Trainingsgruppe. Aufgrund von starkem Instabilitätsgefühl entscheiden sich nach drei Monaten 15 der 30 ProbandInnen in der Trainingsgruppe dazu lieber doch eine Operation durchzuführen. Die ForscherInnen können den Leuten aus ethischen Gründen diesen Gruppenwechsel nicht verbieten, optimal für die Datenerhebung ist dies allerdings nicht: Nun sind in der nicht-operativen Gruppe weniger TeilnehmerInnen vorhanden, die sich instabiler fühlten und somit eventuell ein schlechteres Behandlungsergebnis erwarten.
Wertet man die Ergebnisse der ProbandInnen am Ende so aus, als hätten sie die Gruppe nicht gewechselt, korrigiert dies diese statistische Verzerrung. Die operierten PatientInnen die die Gruppe gewechselt haben, werden also der konservativen Gruppe zugerechnet. Dies klingt erst einmal fragwürdig, kommt der statistischen „Wahrheit“ aber am nächsten.
Wird diese „intention to treat“-Analyse in der Studie beschrieben oder haben keine ProbandInnen die Gruppe gewechselt, gibt es einen Punkt.
In der Studie werden die gemessenen Outcomes zu Beginn und am Ende der Studie verglichen. Meist ist dies zusätzlich in einer Tabelle abgebildet. Ist ein Vorher-Nachher-Vergleich in der Studie zu finden, erhält die Studie einen Punkt.
Zugegebenermaßen muss der Leser in diesem Fall ein paar Grundbegriffe kennen: Das Punktmaß stellt das Behandlungsoutcome dar, welches gewöhnlich in einer Zahl dokumentiert ist (Beispiel: Die Kniegelenksflexion verbesserten sich im Mittelwert um 20 Grad.)
Streumaße sind Standardabweichungen, Standardfehler, Konfidenzintervalle, Interquartilsabstände (oder andere Quantilsabstände), und Ranges.
Einfach gesagt, sind Streumaße immer an einer Spannweite (von bis) oder an einem Balken in einem Diagramm zu erkennen. Grund hierfür ist, dass in der Wissenschaft immer nur Wahrscheinlichkeiten angeben werden können und Messwerte immer in einer gewissen „Streuung“ gemessen werden. Beispiel für eine Angabe mit Punkt- und Streumaß: Die Kniegelenksflexion verbesserte sich um 20 Grad (+/- 5 Grad). Die schlechtesten Ergebnisse lagen also bei 15 Grad Verbesserung, die besten bei 25 Grad.
Nicht perfekt, aber ein guter Einstieg
Die PEDro-Skala erlaubt eine Bewertung des Studiendesigns. Ist es intern valide? Heißt: Lassen sich aus den gesammelten Daten Rückschlüsse auf die verwendete Intervention schließen? Sind genug Daten für die statistische Interpretation vorhanden? Oder einfach gesagt: Wurde die Studie nach „allen Regeln der Kunst angelegt? Eine Punkzahlt im oberen Bereich auf der PEDro-Skala weist zumindest schon einmal darauf hin.
Die Skala erlaubt es nicht, die tatsächliche Validität der Studie zu beurteilen. Die MacherInnen der PEDro Skala warnen davor, nur aufgrund eines hohen Punktewertes davon auszugehen, dass beschriebene signifikante Behandlungseffekte einer Intervention tatsächlich vorhanden sind. Für diese Erkenntnis braucht es komplexere mathematische Tools, die den Rahmen für den wissenschaftlichen Laien dann tatsächlich sprengen würden.
Für den Einstieg reicht es, schon einmal von der Skala gehört zu haben und die Punktwerte zu kennen. Es kommt vor, dass Übersichtsarbeiten lediglich die Punktwerte der verwerteten Studien benennen. LeserInnen von physio.de wissen nun, wie sie diese einordnen können.
Eine deutsche Ubersetzung der PEDro-Skala (erstellt von Stefan Hegenscheidt, Angela Harth und Erwin Scherfer) finden Sie hier.
Daniel Bombien / physio.de
PEDroDatenbankBewertungStudieAkademisierungTests, Scores & Indizes
"Manuelle Therapie - Überrascht wieder einmal"
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Jan Althoff schrieb:
Die Pedro-Scala zum zuhören und mitmachen:
"Manuelle Therapie - Überrascht wieder einmal"
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