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Bei der AIS handelt es sich um eine „dreidimensionale Wirbelsäulendeformität, mit dem Beginn im Zeitraum zwischen zehn und 18 Jahren und ohne klar erkennbare Ursache.“ Als Ursachen für die AIS werden genetische und endokrinologische Faktoren diskutiert. Die Prävalenz liegt bei 0,47 bis 5,2 Prozent, wobei schätzungsweise dreimal mehr Mädchen als Jungen betroffen sind. Schwere Skoliosen mit einem Krümmungsgrad über 40 Grad sind beim weiblichen Geschlecht sogar siebenmal häufiger zu finden, eine hormonelle Beteiligung ist daher auch nicht auszuschließen.
Diagnostik
Für das Screening der Kinder und Jugendlichen empfiehlt die Leitlinie neben der üblichen Inspektion den Vorbeugetest (Adams Test), bei dem im Falle einer vorhandenen Skoliose ein Rippenbuckel oder ein Lendenwulst sichtbar wird. Ausgemessen werden diese mit einem Skoliometer. Beträgt die Abweichung mehr als fünf Grad, empfiehlt die Leitlinie eine weiterführende radiologische Untersuchung, um den Cobb-Winkel der Betroffenen zu ermitteln. Zusätzlich soll das Skelett-Alter bestimmt werden, denn von diesem ist abhängig, ob von einer Progression der Erkrankung auszugehen ist und damit weiterführende Maßnahmen notwendig werden.
Wann muss gehandelt werden?
Ziel der Therapie ist:
AIS mit einem Cobb-Winkel über 50 Grad können sich auch nach Abschluss der Skelettreife weiterhin verschlechtern. Die ExpertInnen berichten dabei von einer Zunahme von bis zu einem Grad pro Jahr. Daher empfiehlt die Leitlinie bei allen Krümmungen ab 50 Grad eine operative Fixierung der Wirbelsäule. Bei einer starken Rotationskomponente kann ein operativer Eingriff bereits ab einem Cobb-Winkel von 40 bis 45 Grad erwogen werden, da die Progression hier schneller verlaufen kann.• eine Beibehaltung oder sogar Verringerung des Krümmungsgrades,
• das Verhindern pulmonaler Einschränkungen (erst ab einem Cobb von 100 Grad),
• eine Verringerung des Rückenschmerzrisikos und
• eine Verbesserung der Kosmetik.
Was PhysiotherapeutInnen wissen müssen
Generell lässt sich eines aus der Leitlinie entnehmen: Bewegung ist gut und schadet nicht: „Gesicherte wissenschaftliche Daten, die einen negativen Einfluss einer sportlichen Betätigung auf eine Skoliose belegen könnten, liegen nicht vor.“ Das gilt sowohl für konservativ versorgte Menschen, als auch für Personen, die sich einer Fusions-Operation unterzogen haben. Während des Sports dürfen Kinder und Jugendliche auf ihr Korsett verzichten. Nach einer korrigierenden Instrumentationsspondylodese soll drei bis sechs Monate auf nicht-kompetitiven Sport, sechs bis zwölf Monate auf Kontaktsportarten verzichtet werden.
Physiotherapie als alleinige Therapie-Option kann nach derzeitigem Kenntnisstand nicht empfohlen werden, da entsprechende Studien nur im geringen Maße vorhanden sind. Ob Physiotherapie und Training dabei wirklich skoliose-spezifisch sein muss, kann nach derzeitigem Kenntnisstand nicht klar beantwortet werden.
Was ist mit Schroth?
Studien, die etwa die Wirksamkeit der Schroth-Methode untersuchen, zeigen häufig nur sehr geringe Auswirkungen auf den Cobb-Winkel. Die gemessenen Werte liegen häufig unter dem üblichen Messfehler von drei Grad. Als Ergänzung der Korsettversorgung halten die AutorInnen den Einsatz von Physiotherapie dennoch für sinnvoll: „Trotz Kritik an der Evidenz der Durchführung von Physiotherapie begleitend zur Korsett-Therapie raten die Leitlinienautoren auf Basis ihrer Erfahrung zur Durchführung einer begleitenden Physiotherapie.“ Dabei „kann“ die Physiotherapie skoliose-spezifisch sein, eine klare Empfehlung für Konzepte wie die Schroth-Therapie wird aber nicht getroffen.
Fazit
S2K-Leitlinie entstehen, wenn handfeste Evidenz fehlt. Beim Lesen der Leitlinie fällt auf, dass es in der Versorgung von Jugendlichen mit Skoliose erstaunlich wenig Evidenz gibt. Das gilt sowohl für die konservativen als auch die operativen Verfahren. Was bleibt sind ExpertInnen-Meinungen und viel „better be safe than sorry“. So wenig zufriedenstellend das auch ist, so sinnvoll ist dennoch die Leitlinie. Wo keine Evidenz herrscht, müssen Erfahrungswerte herhalten.
„In Ermangelung einer soliden Evidenz über die Wirksamkeit von Physiotherapie bei AIS besteht in den orthopädischen Fachgesellschaften wachsendes Interesse an der Durchführung von aussagekräftigen Studien. Eine Umfrage unter den Scoliosis Research Society-Mitgliedern ergab, dass 88 Prozent der Befragten die Finanzierung solcher Studien unterstützen würden“.
Dem schließen wir uns an.
Daniel Bombien / physio.de
SkolioseLeitlinie
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