News - Nachträgliche Richtgrößenvereinbarungen für Arznei- und Heilmittel unwirksam.

Nachträgliche Richtgrößenvereinbarungen für Arznei- und Heilmittel unwirksam.

Landessozialgericht Berlin widersprach in Revisionsverhandlung den klagenden Krankenkassen.

09.03.2004 • 0 Kommentare

Das war einmal, alle Ärzte hafteten gemeinsam für die Summe der Arznei- und Heilmittelverordnungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV), sie durften das „Globalbudget“ nicht überschreiten. Die darüber hinausgehenden Beträge wurden auf alle Kassenärzte umgelegt, was zu der grotesken Situation führen konnte, dass auch Ärzte in Regress genommen wurden, die extrem sparsam verordneten. Das Globalbudget ist Geschichte, nun haftet jeder Arzt individuell. Für die unterschiedlichen Facharztgruppen werden Richtgrößen jeweils für Heil- und Arzneimittel festgelegt. Überschreitet ein Arzt sein Individualbudget um mehr als 25 Prozent, wird er in Regress genommen, d.h. sein Honorar entsprechend gekürzt. Den Regress kann er vermeiden, wenn er eine Praxisbesonderheit nachweisen kann, die seinen Mehrbedarf begründet.

Einen anderen Weg wählten Kassenärzte in Berlin, sie klagten vor dem Sozialgericht. Die Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1998 wurde erst im Juli 1998 bekannt gegeben, gelten sollte sie aber rückwirkend ab Januar des gleichen Jahres. In einem Eilverfahren vor dem Sozialgericht wurde diese Vereinbarung aufgehoben. Dagegen klagten die Krankenkassen. Jetzt entschied das Landessozialgericht Berlin die Sache im Berufungsverfahren. Die Richter gaben den Ärzten Recht, die Krankenkassen hätten gegen das „Rückwirkungsverbot“ verstoßen. Welcher Betrag für ein wirtschaftliches Verordnungsverhalten maßgeblich sei hätten die Ärzte nicht wissen können.
Das Urteil könnte vielen Ärzten die Angst vor Regressen nehmen, ist es doch gang und gäbe, Richtgrößen erst nachträglich zu verhandeln und zu veröffentlichen. So haben beispielsweise die Berliner Ärzte für das laufende Jahr zwar eine Vereinbarung zur verordnungsfähigen Höchstsumme von Arzneimitteln getroffen, für Heilmittel dagegen stehen die Verhandlungen noch aus.

Das Landessozialgericht hat die Revision beim Bundessozialgericht zugelassen. Es ist anzunehmen, dass die Krankenkassen diesen Weg beschreiten werden. Die endgültige Entscheidung werden wohl die Richter in Kassel fällen.

Peter Appuhn
physio.de

NRW

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