News - Gemeinsamer Bundesausschuss - Patienten spielen im Sandkasten

Gemeinsamer Bundesausschuss - Patienten spielen im Sandkasten

Entscheiden dürfen sie nicht. Selbsthilfeverbände fürchten Leistungskürzungen.

26.08.2008 • 0 Kommentare

Wenn es um die medizinischen Leistungen für die etwa 70 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung geht, sprechen die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) das gehörige Wort. Lange Jahre operierte das Gremium ähnlich konspirativ wie der Bundesnachrichtendienst. Die Öffentlichkeit musste die Ergebnisse goutieren. Wie es dazu kam, war nicht von Belang. Mit dem seit 2004 amtierenden Vorsitzenden Rainer Hess begann ein vorsichtiger Öffnungsprozess. Nicht zuletzt die Anwesenheit von Patientenvertretern brachte Licht ins Dunkel der Entscheidungswege. Die im vergangenen Jahr an den Start gegangene Gesundheitsreform treibt die Demokratisierung des G-BA ein weiteres Stück voran. Seit dem 1. Juli tagt das Beschlussgremium öffentlich. Diejenigen aber, um die es eigentlich geht bei Richtlinien und Vorschriften, die Versicherten und Patienten, sie sitzen weiter am Katzentisch, ein Stimmrecht besitzen sie nicht. Selbsthilfe- und Versichertenorganisationen haben jetzt kritisiert, dass die G-BA-Reform den Patientenvertretern keine Entscheidungskompetenzen einräumt.

"Es ist an der Zeit, der gestiegenen Verantwortung der Patientenvertretung im deutschen Gesundheitswesen mit einem Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss zumindest in Verfahrensfragen gerecht zu werden", fordert denn auch Martin Danner, Leiter des Referats Gesundheitspolitik und Selbsthilfeförderung der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Selbsthilfe. Die Patientenabgesandten würden zunehmend als Teil des G-BA wahrgenommen und könnten für die Entscheidungen des Gremiums "zur Rechenschaft gezogen werden", sagte der Selbsthilfefunktionär. Deshalb müssten die Patienten Einfluss auf das haben, was dort entschieden wird.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten, Wolfram Armin Candidus, fürchtet, dass wegen fehlender Einflussmöglichkeiten im G-BA Entscheidungen getroffen werden, die an den Interessen der Bürger vorbeigehen. Auch die 700.000 Pflegeberufler "mit hoher Kompetenz" seien nur partiell über Anhörungsverfahren beteiligt, beklagte Candidus.

Die Finanzforderungen von Ärzten und Krankenhäusern könnten zu weiteren Rationierungen für die Patienten führen, glaubt der Versichertenpräsident. Die stimmberechtigten Mitglieder im G-BA kümmerten sich vornehmlich um ihre eigenen Interessen. Objektivität sei nicht zu erwarten. Neben Leistungskürzungen müsse auch mit weiter steigenden Beiträgen und höhere Zuzahlungen gerechnet werden.

Peter Appuhn
physio.de

Hamburg Wandsbek

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