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Emmi Zeulner, Jahrgang 1987, aus dem eher ländlich strukturierten Wahlkreis Kulmbach in Oberfranken und seit 2013 im Deutschen Bundestag. Ich bin examinierte Krankenschwester und daher war es mir ein Herzensanliegen, in den Gesundheitsausschuss zu kommen.
Wurden Sie selbst schon einmal von einem Physiotherapeuten behandelt? Und falls ja, wie war das?
Ja, ich hatte einmal einen Außenbandriss am oberen Sprunggelenk. Beeindruckt hat mich damals an der Behandlung, dass Physiotherapeuten nicht nur die verletzte Struktur anfassen, sondern den ganzen Menschen sprichwörtlich berühren.
Laut meinen Recherchen sind Sie Berichterstatterin für nicht ärztliche Gesundheitsberufe inkl. Hebammen. Wie darf ich mir Ihre Tätigkeit praktisch vorstellen?
In unserer Fraktion gibt es verschiedene Ansprechpartner – quasi Spezialisten - für die verschiedensten Bereiche. Und ich bin dies, wie gesagt, für den Bereich der Gesundheitsfachberufe inkl. der Hebammen.
Jetzt bin ich etwas verwirrt. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es noch einen Berichterstatter für die Heil- und Hilfsmittelversorgung, Dr. Roy Kühne. Wo ist jetzt genau der Unterschied zwischen Ihrer Funktion und der von Roy Kühne?
Diese beiden Bereiche sind nicht zu 100 % voneinander zu trennen - da gibt es gewisse Überschneidungen. Vereinfacht ausgedrückt, kann man vielleicht sagen: Mein Schwerpunkt liegt eher in den Fragen der Ausbildungen und der Berufsordnungen der jeweiligen Gesundheitsberufe und der von Roy Kühne eher in der Frage der Heil- und Hilfsmittelversorgung. Hier geht es dann zum Beispiel auch um die Frage der Vergütung für erbrachte Leistungen.
Dann müssen Sie qua natura gut mit Roy Kühne zusammenarbeiten?
Da haben Sie Recht. Da wir beide aus den nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen kommen, klappt das auch sehr konstruktiv. Was auch das Beispiel HHVG aus der letzten Legislaturperiode zeigt, bei dem ich ihn selbstverständlich von Anfang an unterstützt habe.
Sie sagten, Sie wären für die Ausbildung der Physiotherapeuten zuständig. Gibt es da etwas, was Ihnen besonders am Herzen liegt?
Wir müssen sehen, dass wir bereits heute einen Fachkräftemangel haben. Und wenn 2025 die Babyboomer-Generation anfängt, in Rente zu gehen, steuern wir auf einen noch viel größeren zu. Dies hat zur Folge, dass die Bedeutung der Gesundheitsberufe noch weiter zunehmen wird. Daher geht es mir darum, die Ausbildung auf gute und gesunde Füße zu stellen, sonst wird niemand mehr die Ausbildung machen.
Was meinen Sie mit „auf gute und gesunde Füße“ stellen?
Wichtig finde ich, dass wir die Ausbildung in die Fläche bringen. Denn Studien zeigen, dass dort, wo Ausbildung stattfindet, weniger Fachkräftemangel herrscht.
Darüber hinaus bin ich der Ansicht, dass es einfach nicht sein kann, dass jemand, der Physiotherapeut werden möchte, Geld mitzubringen hat und nach der Ausbildung, um einigermaßen arbeiten zu können, nochmals für viel Geld Zertifikatsausbildungen absolvieren muss.
Es ist mir ein sehr großes Anliegen, möglichst schnell die Schulgeldfreiheit zu erreichen. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene wurde diese ja bereits vereinbart. Nun ist dies eben leider auch Ländersache und daher meine Forderung: Länder geht voran und zwar schnell! Denn, sind wir uns einmal ehrlich, jetzt da die Schulgeldfreiheit im Raum steht, warten viele interessierte und dringend gebrauchte potentielle Schüler erst einmal ab, statt mit der Ausbildung zu beginnen.
Dass Länder bei dem Thema vorangehen können, zeigt das Beispiel der Altenpflege in Bayern. Dort war es ähnlich. Die Schulen kosteten Geld und von der Bundesseite gab es noch keine Schulgeldfreiheit. Bayern hat es dann so gelöst, dass die Schulen, die auf Schulgeld verzichteten, vom Freistaat Bayern einen Zuschuss bekamen. Genau so müsste man es bei den Therapeuten auch machen und Anfang der Woche wurde ja auch von Ministerpräsident Söder dieses Vorgehen, d.h. die Schulgeldfreiheit für Bayern, zum 2. Halbjahr des Schuljahres 2018/2019 beschlossen.
Sind Sie auch für eine Ausbildungsvergütung für angehende Therapeuten?
Gerne, aber ich will auch Realist sein. Wenn ich diese nun in das Schaufenster stelle, werden die Erwartungen sehr schnell sehr groß. Und im Moment ist es doch so, dass die Hoheit über die Ausbildung die Schulen haben. Wer also soll die Ausbildungsvergütung zahlen?
Es gibt Stimmen, die regen an, die Ausbildung analog zum Handwerk in einem dualen System zu organisieren. Das hieße, dass die einzelnen Praxen Therapeuten ausbilden könnten und in Folge dessen auch eine Ausbildungsvergütung zahlen würden. Wir müssen diese Diskussion ehrlich führen und im Dialog nach umsetzbaren Lösungen suchen.
Wie stehen Sie zu dem von Roy Kühne initiierten „Sofortprogramm Therapieberufe“?
Meiner Meinung nach sind sehr gute Ansätze darin, enthält es doch ganz klar das Signal, dass noch mehr für die Therapeuten in Fragen der Vergütung gehen muss. Daher stehe ich dem Vorschlag natürlich grundsätzlich offen gegenüber. Es wäre aber unseriös und nicht redlich, wenn ich sagen würde, dass es morgen genau 1:1 kommen wird - aber das wissen auch alle.
Doch einen guten Aufschlag hat Bundesminister Jens Spahn mit dem Eckpunktepapier für die Sicherung und Weiterentwicklung der Heilmittelversorgung in dieser Woche gemacht und sich klar zu vielen Verbesserungen bekannt. Insgesamt soll den Heilberufen mehr Verantwortung übertragen werden – das finde ich sehr gut. Mehr Verantwortung muss aber auch mit einer besseren Vergütung einhergehen. Deswegen ist die unbefristete Aufhebung der Grundlohnsummenbindung in Verbindung mit der bundesweiten Vereinheitlichung der Honorare auf den höchsten von einer Krankenkasse in einer Region vereinbarten Preis bis 2020 ein guter Schritt.
Nun spiele ich mal den Advocatus diaboli: Sie benutzen die Formulierung „offen gegenüberstehen“. Das klingt für mich nicht nach bedingungslose Unterstützung.
Doch ich unterstütze ihn selbstverständlich. Mir ist es aber wichtig, dass wir Schwerpunkte für die Verbesserung herausarbeiten.
Ein Schwerpunkt ist für mich, wie bereits angesprochen, die Ausbildung. Ein zweiter Schwerpunkt ist die deutliche Verbesserung im ambulanten Sektor. Denn zwischen diesem und dem stationären Bereich, wo sehr oft Tariflöhne gezahlt werden, besteht meines Erachtens das größte Ungleichgewicht und somit der größte Nachholbedarf. Gerade im ambulanten Sektor, d.h. vor allem auch in der Versorgung in der Fläche, sind die niedergelassenen Physiotherapeuten nicht mehr wegzudenken. Denn sie erbringen ihre wertvolle Arbeit nicht nur in ihren jeweiligen Praxen, sondern auch ganz viel mittels Hausbesuchen in Pflegeheimen und bei Patienten zu Hause. Deswegen müssen wir diese besonders berücksichtigen und fördern. Darauf werde ich auch bei der Umsetzung der Eckpunkte besonders achten.
Was schätzen Sie? Wie viel verdient ein angestellter Physiotherapeut in der freien Praxis im Median?
Ich bin mit Physiotherapeuten befreundet, und diese erzählen mir von einem Verdienst von circa 2.100 bis 2.200 €. Brutto!
Deswegen setze ich mich ja auch für eine Vergütungssteigerung im ambulanten Bereich ein. Ich will einfach nicht hinnehmen, dass jemand der Physiotherapeut lernen möchte, Geld mitbringen, nach der Ausbildung noch einmal teure Zertifikate erwerben muss und dann mit 2.200 € nach Hause geht.
Wie stehen Sie zu den Bestrebungen in der Physiotherapie, nach europäischem Vorbild einen Direktzugang zum Therapeuten einzuführen?
Ich bin diesbezüglich Modellvorhaben sehr offen eingestellt und freue mich, dass die Blankoverordnung auch ein Teil des neuen Eckpunktepapiers ist. Allerdings muss für mich zwingend die Frage der Haftung geklärt sein und auch, welche Qualifikationen ein Physiotherapeut haben muss, um als Praxis für den Direktzugang in Frage zu kommen. Wir kommen nicht darum herum, über die Qualitätsstandards zu sprechen. Auch zur Absicherung der Praxen selbst.
Schließen möchte ich mit der Frage: „Was darf ich Ihnen für die Zukunft wünschen?“
[Lacht] Eine gute Gesundheit!
Frau Zeulner, ich wünsche Ihnen eine gute Gesundheit und danke für das Gespräch.
Das Interview mit Frau Zeulner führte Friedrich Merz von physio.de
InterviewZeulnerRoy Kühne
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Sabine Lippert schrieb:
Und wieviele Praxen werden bis 2020 schließen müssen weil sie die Miete nicht mehr bezahlen können? JETZT muss endlich anständig bezahlt werden. Vor allem wieder km Geld bei Hausbesuch
In diesem Sinn, die Hoffnung stirbt zum Schluss.
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sonja846 schrieb:
Diese Themen sind schon sehr lange bekannt, nur fehlt es an Ehrlichkeit. Das z.B. machen Länder schlicht und ergreifend nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen können, da muss der Bund das übernehmen ( das Staatssäckel ist ja reichlich gefüllt ). Es habert am Allem was die Bereiche Soziales betreffen. Der Fokus wurde über 20 Jahre auf Wachstum, Wirtschaft und Gewinne ausgerichtet. Jetzt fällt es der Politik vor die Füße und sie können das Poblem nicht nachhaltig und zeitnah lösen. Ob es überhaupt richtig verstanden wird ist die weitere Frage , denn dafür bedarf es einer gründlichen Einarbeitung. Neue Regelungen die mit der heißen Nadel gestrickt sind werden uns nicht dienlich sein. Wenn man nachhaltig etwas ändern will, muss alles geändert werden, d.h. das gesamte Gesundheitssystem und da sehe ich Schwarz. Dafür braucht es Mut , kluge Köpfe und vorallen der Wille endlich das Fahrwasser zu wechseln.
In diesem Sinn, die Hoffnung stirbt zum Schluss.
Ich arbeite halbtags in einer Praxis, bin Anfang 40 und kann mir nicht mehr vorstellen Vollzeit in diesem Beruf zu arbeiten, da die Arbeitsbelastung immer größer wird.
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Gut formuliert. Aber ich glaube, dein Wunsch wird nicht in Erfüllung gehen. Weil es niemanden interessiert. Und so passiert
das, was dann irgendwann mal beklagt werden wird. Aber auch das wird, mit Ausnahme der betroffenen Patienten, niemanden
interessieren.
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hermi schrieb:
birgit 792 schrieb am 24.09.2018 15:35: °Ich würde mir so sehr wünschen, dass endlich mal gesehen wird, wieviel kostbare Energie uns als Therapeuten tagtäglich geraubt wird........
Gut formuliert. Aber ich glaube, dein Wunsch wird nicht in Erfüllung gehen. Weil es niemanden interessiert. Und so passiert
das, was dann irgendwann mal beklagt werden wird. Aber auch das wird, mit Ausnahme der betroffenen Patienten, niemanden
interessieren.
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birgit 792 schrieb:
Ich würde mir so sehr wünschen, dass endlich mal gesehen wird, wieviel kostbare Energie uns als Therapeuten tagtäglich geraubt wird und welche Voraussetzungen wir erfüllen müssen, um in unserem Beruf zu arbeiten, und das stets fortgebildet nach aktuellsten Erkenntnissen.
Ich arbeite halbtags in einer Praxis, bin Anfang 40 und kann mir nicht mehr vorstellen Vollzeit in diesem Beruf zu arbeiten, da die Arbeitsbelastung immer größer wird.
Das heißt kein Neid unter Kollegen mehr, keine Sticheleien und angespannte Stimmung bei Fortbildungen wer wie und warum behandelt, sondern:
Zusammenhalt und faires Miteinander egal, ob Angestellter oder Selbstständiger.
Wenn wir das schaffen, haben wir viel mehr Zufriedenheit im Miteinander und richtig Spaß bei der Arbeit.
Und bei mir in meiner Praxis habe ich damit Erfolg, da ich als Kauffrau noch schlimmeres Mobbing von Kolleginnen untereinander erleben dürfte, bin ich trotz der Widrigkeiten von außen glücklicher als vorher.
Also wie mein Name schon sagt.... wir can do it!
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Optimistin schrieb:
Ich kann nur durch alle interessierten und motivierten Kollegen immer wieder ermutigen durchzuhalten, da wir nur geschlossen als großes ganzes dauerhafte Erfolge sichern können.
Das heißt kein Neid unter Kollegen mehr, keine Sticheleien und angespannte Stimmung bei Fortbildungen wer wie und warum behandelt, sondern:
Zusammenhalt und faires Miteinander egal, ob Angestellter oder Selbstständiger.
Wenn wir das schaffen, haben wir viel mehr Zufriedenheit im Miteinander und richtig Spaß bei der Arbeit.
Und bei mir in meiner Praxis habe ich damit Erfolg, da ich als Kauffrau noch schlimmeres Mobbing von Kolleginnen untereinander erleben dürfte, bin ich trotz der Widrigkeiten von außen glücklicher als vorher.
Also wie mein Name schon sagt.... wir can do it!
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