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Zur Wirksamkeit des BFR-Trainings bei Schulterbeschwerden oder -verletzungen fehlt es bisher an wissenschaftlichen Daten. Eine Forschungsgruppe aus Zypern hat im Herbst 2023 ein Studienprotokoll dazu eingereicht und arbeitet allem Anschein nach noch an der Studie.
Der Bereich der Grundlagenforschung ist diesbezüglich auch noch nicht vollständig abgedeckt. Um die optimale Kompressionsstärke (Okklusionsdruck) für das BFR an der oberen Extremität zu bestimmen, hat daher das Team um Tyler Roehl aus Texas (USA) eine Vielzahl an Messungen durchgeführt. Nun wurde ihre Arbeit im renommierten American Journal of Sports Medicine veröffentlicht.
Methodik
Es wurden 15 gesunde männliche Probanden im Alter von 30 (+/-4) Jahren rekrutiert. Jeder von ihnen durchlief eine Eingangsmessung der Kraft. Gemessen wurde die isometrische Innen- und Außenrotation der Schulter sowie die Scaption*. Darauf folgten vier Trainingssitzungen im Abstand von mindestens 48 Stunden mit unterschiedlichen Okklusionsintensitäten. Während jeder Übungsausführung wurde die Muskelaktivität mithilfe eines Oberflächen-Elektromyogramms aufgezeichnet (EMG).
Das Übungsprogramm
Jeder Teilnehmer führte die zuvor für die Ermittlung der Kraft verwendeten Übungen über einen Durchgang mit seinem dominanten Arm bis zum Versagen aus. Zwischen den Sätzen lag eine fünfminütige Pause. In allen Trainingseinheit wurde eine automatisierte Stauungsmanschette am Oberarm platziert. Das verwendete System ermöglicht eine gleichbleibende „Stauung“ mit fortwährender Regulation des Okklusionsdrucks. Die erste Sitzung erfolgte ohne Staudruck. Darauf folgte in den darauffolgenden Tagen eine Einheit mit 25, 50 und 75 Prozent Okklusion. Das maximale Drucklevel, auf das sich dieser Prozentwert bezieht, wurde zu Beginn jedes Trainings ermittelt.
Ergebnisse
Das BFR hatte bei einer Okklusion von 50 Prozent statistisch signifikante Effekte auf das EMG der beiden Rotationsübungen bei nahezu allen Wiederholungsbereichen und beobachteten Muskeln. Beispielsweise wurde der vordere Musculus Deltoideus bei den ersten fünf Wiederholungen der Außenrotation um 2,5 Prozent stärker aktiviert. Bis zur 20. Ausführung stieg dieser Wert auf 15 Prozent an. Die stärksten Auswirkungen wurden bei den Scaptions beobachtet. Hierbei erwies sich eine 75-prozentige Okklusion als noch wirksamer. Die Aktivierung des vorderen Deltoideus wurde um 20 Prozent gesteigert.
Ein weiterer betrachteter Aspekt war die Auswirkung des BFR auf die Erschöpfung. Auf die Außenrotation hatte ein Druck von 50 und 75 Prozent signifikante Effekte. So konnten rund ein Fünftel weniger Wiederholungen bis zum Versagen ausgeführt werden als bei geringerer Kompression. Bei der Innenrotation und den Scaptions wurden ähnliche Effekte beobachtet. Wobei hier allerdings die 75-prozentige Okklusion noch stärker wirkte.
Den dritten Endpunkt stellte die wahrgenommene „Unbequemlichkeit“ gemessen auf der Visuellen Analog Skala (VAS) dar. Erwartungsgemäß stieg der Schmerz durch die Kompression mit zunehmendem Druck linear an. Das Niveau von deutlichen bis inakzeptablen Schmerzes (größer 6 von 10) wurde bei allen drei Übungen bei 75 Prozent Okklusionsdruck erreicht.
Klinische Bedeutung
Die Idee des BFR ist es, eine stärkere Muskelaktivierung zu ermöglichen – ohne allerdings die Extremität mit höheren Gewichten belasten zu müssen. Dies könnte beim gezielten und intensiven Training der Muskulatur bei Verletzungen, die eine reduzierte Gewichtsbelastung erfordern, Anwendung finden. Bisherige Arbeiten zur unteren Extremität bestätigten eine solche Hypothese. Daraus soll dann resultieren, dass die Muskulatur während der ersten Heilungsphasen so wenig wie möglich abbaut. Interessant ist dies vor allem im Leistungssport. Besonders gut trainierte Menschen benötigen entsprechend starke Reize, um einen Muskelabbau zu vermeiden. Für Otto-Normal-Bürger sind solche Parameter selten notwendig. Somit könnte das BFR für den Durchschnittsmenschen keinen signifikanten Nutzen im Vergleich zum regulären Training aufweisen. Daten hierzu fehlen bisher.
Die aktuelle Studie zeigt auf, dass im Bezug auf die Muskelaktivierung ein Okklusionsdruck von 50 Prozent die besten Ergebnisse erzielt. Gleichzeitig wird der Druck noch nicht als zu unangenehm wahrgenommen. Außerdem wirkt sich diese Intensität bei allen untersuchten Übungen der oberen Extremität deutlich auf die muskuläre Erschöpfung aus. All dies sind Indizien, dass das BFR auch an den Armen den gewünschten Effekt erzielt: bei geringen Gewichten die Muskelbelastung zu erhöhen.
Limitationen
Die Limitationen der Studie sind vielfältig. Zunächst handelt es sich um Grundlagenforschung. Diese dient nicht der direkten Übertragung in die Praxis. Sie gibt vielmehr Hinweise und Anhaltspunkte für künftige Forschung mit klinischem Bezug. Das Resultat sollte daher eine entsprechende Studie zur Wirksamkeit des BFR im Kontext der Versorgung von PatientInnen sein.
Außerdem wurde in jeder Trainingseinheit jeweils nur ein Satz jeder Übung ausgeführt. In der klinischen Praxis wird in der Rehabilitation die vollständige Erschöpfung hingegen meistens über mehrere Sätze erreicht. Das Oberflächen-EMG unterliegt deutlichen Limitationen. Vor allem bei der wiederholten Applikation kann es zu massiven Messunterschieden kommen, da nicht sichergestellt werden kann, dass die Elektroden immer an den genau gleichen Stellen angebracht werden. Ebenso ist nicht garantiert, dass die Druckmanschette in allen Sitzungen gleich positioniert wurde. Die Probanden waren untrainierte Erwachsene. Die Problematik besteht entsprechend darin, dass die Lerneffekte vom ersten zu allen Folgetrainings massiv variieren kann. Abschließend sei erwähnt, dass diese Studie nur gesunde männliche Probanden untersuchte.
Fazit
Bisher fehlt es vollständig an einer klaren Datenlage, die ein BFR sowohl an der oberen als auch unteren Extremität befürwortet. Somit stellt sich die Frage, ob die Anwendung in seiner aktuell häufigen Form zu rechtfertigen ist. Gleichzeitig ist die Forschung bisher zumindest bei der Verwendung des BFR an den Beinen so weit fortgeschritten, dass größere Risiken ausgeschlossen sind.
Martin Römhild B.Sc. / physio.de
* Scaption: Abkürzung für Scapula Plane Elevation. Zu Deutsch, Anheben in der Skapulaebene. Eine Bewegung „zwischen“ Front- und Seitheben. Die Arme werden aus der Startposition am Körper im Winkel von etwa 30 Grad frontal vor der Frontalebene gehoben (siehe Bilder in oben verlinkter Studie von Tyler Roehl).
OkklusionstrainingForschungStudie
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