Ergotherapeutisches Hirnleistungstraining/ Neuropsychologisch orientierte Behandlung

54104 Einzelbehandlung
54207 bei verordneter Position 54104 und gleichzeitiger Anwesenheit von zwei Patienten
54211 Gruppenbehandlung

Definition
Ein ergotherapeutisches Hirnleistungstraining/eine neuropsychologisch orientierte ergotherapeutische Behandlung dient der gezielten Therapie krankheitsbedingter Schädigungen der mentalen Funktionen, insbesondere der kognitiven Schädigungen und der daraus und vor dem Hintergrund der individuellen Kontextfaktoren resultierenden Beeinträchtigungen von Aktivitäten und ggf. der Teilhabe.

Das neuropsychologisch orientierte ergotherapeutische Hirnleistungstraining als Einzeltherapie zeichnet sich dadurch aus, dass Schädigungen der mentalen Funktionen so spezifisch wie möglich trainiert werden, d.h. ohne andere und/oder komplexe Hirnleistungen zu beanspruchen.

Im Gegensatz dazu werden beim Hirnleistungstraining als Gruppentherapie (3 - 6 Patienten) komplexe, kognitive Funktionen gerade unter gruppendynamischen Aspekten besonders trainiert. Eine Gruppentherapie kann nur dann erfolgen, wenn die Patientin bzw. der Patient keine ständige direkte therapeutische Intervention benötigt..

Indikationen:
Hirnleistungstraining/ Neuropsychologisch orientierte Behandlung ist bei krankheitsbedingten Schädigungen mit Beteiligung des zentralen Nervensystems, bei psychischen/psychosomatischen sowie demenziellen Erkrankungen und den daraus resultierenden Beeinträchtigungen von Aktivitäten und ggf. der Teilhabe angezeigt.

Diagnosengruppen Schädigungen von Körperfunktionen und –strukturen wie Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe
EN1 ZNS-Erkrankungen, Entwicklungsstörungen längstens bis zur Vollendung des 18. LJ.,
EN2 ZNS-Erkrankungen nach Vollendung des 18.LJ.
PS1 Entwicklungsstörungen, Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend
PS3 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen, affektive Störungen
PS4 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
PS5 Dementielle Syndrome
1) der globalen mentalen Funktionen, z.B. der Orientierung
2) der spezifischen mentalen Funktionen, z.B.
   a) der Aufmerksamkeit
   b) des Gedächtnisses
   c) der Wahrnehmung, visuell, auditiv, räumlich-visuell und visuell-konstruktiv (mit und ohne Neglect)
   d) des Denkens (z.B. Denktempo, Form und Inhalt des Denkens)
3) der höheren kognitiven Funktionen, z.B.
   a) des Abstraktionsvermögens
   b) des Organisierens und Planens
   c) des Zeitmanagements
   d) der kognitiven Flexibilität
   e) des Einsichts-, Urteils- und/oder Problemlösevermögens
   f) kognitiv-sprachlicher Funktionen
   g) das Rechnen betreffende Funktionen
   h) der Selbst- und Zeitwahrnehmung
4) der kognitiven Ausdauer und Belastbarkeit
5) der Seh-und verwandten Funktionen, z.B. das Gesichtsfeld betreffend
1) im Bereich Lernen und Wissensanwendung, etwa
   a) des Zuschauens, Zuhörens und anderer bewusster sinnlicher Wahrnehmung
   b) der Konzentration im Alltag (z.B. Aufmerksamkeit fokussieren)
   c) des Merkens von Dingen im Alltag
   d) des Denkens im Alltag
   e) des elementaren Lernens
   f) beim Lösen von Problemen und Treffen von Entscheidungen
2) im Bereich der Allgemeinen Aufgaben und Anforderungen, etwa
   a) der Übernahme von Einzel- oder Mehrfachaufgaben
   b) der Durchführung der täglichen Routine
   c) des Umgangs mit Stress und anderen psychischen Anforderungen
3) in anderen individuell wichtigen Lebensbereichen, z.B.
   a) der Mobilität/ im Alltag, z.B. sich fortbewegen(mit/ohne Hilfs/Verkehrsmittel),
   b) Dinge transportieren, Auto fahren, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
   c) der Kommunikation
   d) der Selbstversorgung
   e) des häuslichen Lebens
   f) Interpersoneller Interaktionen und Beziehunge

Therapeutische Wirkungen
1) Stabilisierung/Besserung globaler mentaler Funktionen
   a) Funktionen des quantitativen und qualitativen Bewusstseins
   b) Funktionen der Orientierung zu Zeit, Ort und Person
   c) Funktionen der Intelligenz
2) Stabilisierung/Besserung spezifischer mentaler Funktionen
   a) Funktionen der Aufmerksamkeit (z.B. selektive und geteilte Aufmerksamkeit Daueraufmerksamkeit)
   b) Funktionen des Gedächtnisses (z.B. Kurz- und Langzeitgedächtnis)
   c) Funktionen der Wahrnehmung (z.B. visuelle, auditiv, räumlich-konstruktive Wahrnehmung)
   d) Funktionen des Denkens (z.B. Denktempo)
   e) Höhere kognitive Funktionen (z.B. Abstraktionsvermögen, Handlungsplanung, Urteilsvermögen, Problemlösungsvermögen)
   f) Kognitiv-sprachliche Funktionen (z.B. Sprachverständnis, sprachliches Ausdrucksvermögen)
   g) Funktionen, die die Durchführung komplexer Bewegungshandlungen betreffen (z.B. Praxie)
   h) Funktionen der Selbst- und Zeitwahrnehmung
3) Wiederherstellung/ Verbesserung von Sinnesfunktionen
   a) Funktionen des Gesichtsfelds
   c) Funktionen des Tastens, Druck-, Berührungs- und Temperaturempfinden
4) Stabilisierung/Aufbau von Aktivitäten aus dem Bereich Lernen und Wissensanwendung
   a) elementares Lernen (z.B. Nachahmen, Üben, sich Fähigkeiten aneignen)
   b) Wissensanwendung (z.B. Aufmerksamkeit fokussieren, Probleme lösen)
5) Stabilisierung/Aufbau von Aktivitäten aus dem Bereich Allgemeine Aufgaben und Anforderungen
   a) Einfache und komplexe Aufgaben übernehmen
   b) Planung und Durchführung der täglichen Routine
   c) Umgang mit Stress und psychischen Anforderungen
6) Stabilisierung/Aufbau der Kommunikation
   a) Kommunizieren als Sender und Empfänger
   b) Konversation (z.B. eine Unterhaltung beginnen und aufrechterhalten)
7) Stabilisierung/Aufbau von Aktivitäten der Mobilität
   a) Gehen unter Dual-Task-Bedingungen (z.B. beim Tragen von Gegenständen und gleichzeitiger Unterhaltung)
   b) Transportmittel benutzen
8) Aufbau/ Verbesserung interpersoneller Interaktionen und Beziehungen
   a) Einfache und komplexe interpersonelle Interaktionen (z.B. situationsgerechtes Verhalten)
   b) Besondere interpersonelle Beziehungen (z.B. formelle Beziehungen, Familienbeziehungen)
9) Stabilisierung/Aufbau der Selbstversorgung, des häuslichen und wirtschaftlichen Lebens
   a) Körperpflege und sich kleiden
   b) Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs beschaffen
   c) Haushaltsaufgaben
   d) Umgang mit Hilfsmitteln und technischen Produkten
   e) Elementare und komplexe wirtschaftliche Transaktionen
10) Stabilisierung/Aufbau von Aktivitäten des Gemeinschafts- und sozialen Lebens

Therapeutische Ziele
1) Entwicklung/Wiederherstellung und Erhalt
   a) der zur Alltagsbewältigung benötigten kognitiven Fähigkeiten
   b) von Handlungskompetenz zur Bewältigung allgemeiner Aufgaben und Anforderungen
   c) kommunikativer und sozial-interaktiver Kompetenzen
   d) der Mobilität im Alltag, auch mit Hilfs-und/oder Verkehrsmitteln
   e) der eigenständigen Selbstversorgung
2) Erlernen von Kompensationsstrategien, ggf. unter Berücksichtigung vorhandener Hilfsmittel und Adaptionen des Lebensumfelds
3) Entwicklung und Verbesserung der Krankheitsbewältigung, Aufbau von Selbstwirksamkeit
4) selbstbestimmte Lebensgestaltung
5) Erlangung von Alltags- und Handlungskompetenz im Umgang mit Hilfsmitteln, technischen Produkten und Adaptionen des Lebensumfelds

Leistung
Zur Leistung zählen insbesondere:
1) Hirnleistungstraining mit Realitäts- und Biographiebezug, individuell adaptierten Therapieprogrammen, am PC ( * )
2) Neuropsychologisch orientiertes Hirnleistungstraining (*), einschließlich spezifischem und selektivem Training einzelner beeinträchtigter Funktionen (z.B. Gesichtsfeldtraining)
3) Handlungsorientiertes Training von Aktivitäten und Fertigkeiten in alltagsnahen Situationen (z.B. Straßenverkehr, Sach- und Geldgeschäfte), mit Programmen der virtuellen Realität oder durch alltagsbezogene Übungen (z.B. Rollenspiele, Ausfüllen von Formularen)
4) AOT (Alltagsorientiertes Training)
5) Handwerkliche, gestalterische und spielerische Methoden
6) Handlungsorientiertes Training der kommunikativen Fähigkeiten, auch am PC
7) Projektgruppen, Rollen- und Regelspiele
8) Training zur Verbesserung des Lernverhaltens und der Grundarbeitsfähigkeiten
9) Training, Beratung und Schulung im alltagsbezogenen Umgang mit bestehenden Beeinträchtigungen, ggf. unter Einbeziehung von Angehörigen, Betreuungs- und Pflegepersonen
10) Erlernen von Kompensationsstrategien und des Umgangs mit externen Hilfen
11) Beratung zur Auswahl, Nutzung von und Training mit Hilfsmitteln, inkl. Alltagshilfen (*)
12) Adaptionen des Lebensumfelds
13) Abstimmung der Therapieziele und -leistungen mit anderen Behandlern bzw. relevanten Dritten

Die mit (*) gekennzeichneten Leistungen können nur als Einzelbehandlung abgegeben werden.

Regelbehandlungszeit:
Richtwert: bei der Einzeltherapie: 30-45 Minuten.
Richtwert: bei der Gruppentherapie: 45-60 Minuten.
Besonderheiten:

Das Hirnleistungstraining/ die neuropsychologisch orientierte Behandlung kann als Beratung zur Integration in das häusliche und soziale Umfeld erbracht werden. Dabei können einmal pro Regelfall bis zu drei Einheiten zusammenhängend als Beratung erbracht und abgerechnet werden. In diesem Falle kommt ergänzend die Ziffer 59932 zur Abrechnung. Dies gilt nicht, wenn das Hirnleistungstraining/ die neuropsychologisch orientierte Behandlung als Hausbesuch verordnet wurde.