WIR SUCHEN schnellstmöglich einen
leitende PhysiotherapeutIn in
Vollzeit/ Teilzeit für ein
interdisziplinäres Therapiezentrum
(Logo, Ergo, Physio) in Hamburg-
Eilbek."
Wir behandeln vorrangig die
Bewohner des Zentrums für Beatmung
und Intensivpflege (ZBI Nord) in
Hamburg Eilbek. Hierbei liegt der
therapeutische Schwerpunkt im
Bereich Neurologie.
Du arbeitest im Team mit
vielschichtigem KnowHow, indem du
dich entwickeln und eigene Ideen
einbringen kannst." Ihr entwickelt
gemeinsam passende...
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Sabine Brunner schrieb:
Kennt ihr schon diese Aktion, wo alle HME und Patienten einen Brief an ihre Bundestagsabgeordneten schicken sollen, um auf die Missstände im Gesundheitswesen hinzuweisen?
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JochenKo schrieb:
@McMiki: Ja? Was schreibst Du an den Weihnachtsmann? Veröffentliche hier doch die Adresse. Dann schreib ich auch.
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McMiki schrieb:
Nee und das wahrscheinlich nicht ohne Grund...ich schreibe lieber an den Weihnachtsmann...dss bringt mir mehr!!
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Inche schrieb:
Ausgefüllt und abgeschickt
diesen Brief habe ich vor Wochen an unterschiedlichste Institutionen und Personen gesandt, die "irgend etwas" mit der Materie zu tun haben könnten. Eine der nettesten Antworten war, dass man an der Vielschichtigkeit scheitern würde, :blush:)
Ist eine physiotherapeutische Praxis, unter korrekter Berücksichtigung der vorgegebenen heutigen Rahmenbedingungen, noch wirtschaftlich zu führen?
Schon wieder einer, der jammert. Das ist wohl reflexartig der erste Gedanke bei den meisten Menschen, wenn sie diese Ãœberschrift lesen.
Nun ja, die Frage ist ja zuerst einmal: Was sind die heutigen Rahmenbedingungen? Haben sie sich in den letzten Jahren verändert, haben sich die Physiotherapeuten nicht entsprechend auf Änderungen eingestellt, oder ganz anders: warum kommt diese Fragen denn eigentlich erst auf?
Viele meiner Patienten kennen unsere Praxis noch aus den Zeiten unserer Anfänge von vor nunmehr 23 Jahren. Damals traten zwei junge, enthusiastische, hoch motivierte Masseure und medizinische Bademeister an, ihren Traum der Selbstständigkeit zu verwirklichen. Unterstützt wurden sie von Anfang an von der Frau eines der Therapeuten, die sich als ausgebildete Arzthelferin mit Verwaltung und Abrechnung beschäftigte.
Es dauerte nicht lange, dann kristallisierte sich heraus: schnell aufeinanderfolgende Gesundheitsreformen werden uns den Spaß am Beruf sehr schnell verleiden, denn Behandlungen werden reglementiert werden und Krankengymnasten haben die viel bessere Lobby. Da war es egal, dass die bekanntesten und unumstrittensten Betreuer von Sportmannschaften Leute wie Hans-Jürgen Montag waren, ein Masseur wohlgemerkt.
Aber gut. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Die Ausbildung zum Physiotherapeuten wurde absolviert, zusätzlich die von den Krankenkassen geforderten Zertifikatspositionen für Manuelle Therapie und Krankengymnastik bei neurologischen Erkrankungen. Unzählige weitere Qualifikationen folgten, denn die Physiotherapeuten sind als ein sehr „fortbildungsaffines Völkchen“ bekannt. Welch ein Glück, denn heute machen unsere Verordnungen über Massagetherapie lediglich 2-3 % unseres Umsatzes aus.
Problem damals wie heute: eine Fortbildung „Manuelle Therapie“ kostet (heutiger Stand) ca 3.300 € plus ca. 20 Werktage Verdienstausfall plus für ca. 30 Tage Übernachtungs- und Fahrtkosten.
Geradezu ein Witz ist aber, was die Vergütung für diese qualifizierte Leistung bringt: gerade einmal 1,70 € vergütet z.B. die Barmer Ersatzkasse dafür mehr. Dies ist insbesondere dann lächerlich, wenn man sich vor Augen führt, dass ich erst nach ca. 1.970 Behandlungen meine Lehrgangskosten und erst nach weiteren 2.500 bis 3.000 Behandlungen auch den entsprechenden Verdienstausfall und die Übernachtungskosten wieder hereingearbeitet habe. Für meine Mitarbeiter gilt natürlich die gleiche Rechnung.
Interessante Randerscheinung bei dieser Geschichte: die Krankenkassen fordern diese Zusatzausbildungen, nicht der Gesetzgeber. In anderen europäischen Ländern existieren diese Regelungen nicht. Nun beklagen wir aber einen Fachkräftemangel und freuen uns über einen gut ausgebildeten spanischen Physiotherapeuten, der sich bei uns bewirbt. Er hat auf Teneriffa eine neurologische Klinik geleitet, verfügt über große berufliche Erfahrung und möchte bei uns arbeiten.
Nun ja, Sie ahnen schon - so einfach ist das nicht.
Der spanische Kollege muss erst einmal bei der Regierung von Oberbayern einen Antrag stellen, der ihm erlaubt (trotz seines absolvierten Hochschulstudiums in Spanien) bei uns in Deutschland, zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenkassen, seinen Beruf auszuüben. Dafür gibt es bei der Regierung von Oberbayern einen einzigen Sachbearbeiter, der alle Anträge bearbeiten muss. Sie ahnen ebenfalls: das kann dauern.
Nächstes Problem: der spanische Kollege muss die Zusatzausbildungen „Manuelle Therapie“, „Manuelle Lymphdrainage“, „Krankengymnastik nach Bobath (Neurologie)“ nach dem Standard der deutschen gesetzlichen Krankenkassen vorweisen. Es werden aber nur bestimmte Schulen in Europa von den Krankenkassen anerkannt. Das bedeutet aber meist: die Kurse müssen in Deutschland wiederholt werden, um die Zulassung zu bekommen. Wenn er das gewusst hätte, dann wäre die Wahl seiner Ausbildungsstätte in Spanien möglicherweise anders ausgefallen.
Dies gilt aber nur, wenn der Therapeut in einer freien Praxis wie der unseren tätig werden will. Arbeitet er beispielsweise in einem Krankenhaus, wird niemand kontrollieren, ob er diese Qualifikationen vorweisen kann. Dort können, und werden, seine Leistungen abgerechnet. Beschäftige ich ihn und lasse von ihm solche Leistungen erbringen, mache ich mich strafbar. Vielleicht ist er in einem Krankenhaus sogar noch für einen Praktikanten zuständig. Dieser wird nämlich von Patient zu Patient geschickt, oftmals ohne entsprechende Aufsicht und behandelt in seinem Praktikum frisch operierte Patienten. Selbstverständlich werden auch die Leistungen des Praktikanten aber voll durch das Krankenhaus abgerechnet.
Ein weiterer „netter“ Nebeneffekt: die Vergütungsvereinbarungen im öffentlichen Dienst haben in den letzten 10 Jahren durch Anhebungen und Neuordnungen dazu geführt, dass im Durchschnitt im öffentlichen Dienst mtl. 200-300 € mehr verdient werden als in den freien Praxen. Selbstverständlich ist dort natürlich auch um 17:00 Uhr Feierabend. Um diese Zeit erwartet aber der Patient bei uns in der freien Praxis erst einmal einen fundierten Dienstleistungsgedanken. Er möchte schließlich nach seinem Feierabend behandelt werden.
Dies tun wir natürlich auch, an drei Tagen pro Woche sogar bis 21:00 Uhr. Allerdings zieht das u.U. andere Probleme nach sich: als es neulich ein Problem mit einer Verordnung gab und ich gegen 18:00 Uhr versucht habe zwecks Klärung die Krankenkasse zu erreichen: auch hier bereits Feierabend.
Ein weiterer Gedanke streift mich im Zusammenhang mit Vergütungsvereinbarungen. Die Mitarbeiter der Krankenkassen werden nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes entlohnt. Dieser hatte, zumindest aus Sicht der Physiotherapeuten, mit knapp 20% einen respektablen Zuwachs.
Selbstverständlich hat der Berufsverband, dem ich angehöre auch dieses Jahr sein Verhandlungsergebnis wieder als „herausragend“ bezeichnet.
Dazu fiel mir eine Statistik des ADAC ein: Im Jahr 2011 lag der Stundensatz in einer VW-Werkstatt zwischen 75 und 101 €. Da hoffen wir doch, dass der Krankenkassenmitarbeiter in der Führungsebene nicht dann auch noch einen BMW fährt. Da ging der Stundensatz nämlich bis 170 €.
Auch wenn es fraglich ist, ob dieses grundsätzliche Problem jemals bei den Entscheidungsträgern ankommt:
Eine Physio-Praxis ist mit diesen Vergütungssätzen nicht zu führen,
• ohne, dass sich die Mitarbeiter ausgebeutet vorkommen
• ohne, dass die privaten Versicherungen Kompensationsmechanismen sind
• ohne, dass „Masse statt Klasse“ bei der Behandlungsplanung vorherrschen muss
Dabei wurde eines unserer signifikantesten Probleme überhaupt noch nicht angesprochen: der Bürokratisierungswahn im System (grundsätzlich und insbesondere bei den Heilmittelverordnungen)
Meine Praxis hat seit ihrer Gründung kontinuierlich ihren Gewinn vor Steuern zugunsten von Mitarbeitern in der Verwaltung / Rezeption heruntergefahren. Seit Einführung der neuen Heilmittelrichtlinie vor 10 Jahren hat sich dieser sogar halbiert. Möglichkeiten für Neuinvestitionen gehören so langsam in die Welt der Fabeln.
Zur Verdeutlichung:
Im Jahre 2004 wurde mit einer entsprechenden Verankerung im Sozialgesetzbuch eine Heilmittelrichtline in Kraft gesetzt, die den Umgang mit diesen Verordnungen regelt. Ich möchte nicht die komplette Chronologie wiedergeben, aber inzwischen sind wir soweit, dass wir kontrollieren müssen, was die Ärzte auf die Verordnung schreiben.
Stimmt hier etwa ein Buchstabe nicht, laufen wir Gefahr, dass von der Abrechnungsstelle das Rezept einbehalten wird und die Bezahlung wegen Ungültigkeit der Verordnung nicht erfolgt.
Seit Neuestem werden wir auch noch dazu missbraucht, nachzukontrollieren ob eine Buchstaben-Zahlenkombination für die Zuordnung der Diagnose des Arztes richtig ist. Dies, obwohl die sog. ICD-10 Codierung vom (von den Krankenkassen zertifizierten) Computerprogramm des Arztes eingetragen wird. 15.600 Möglichkeiten - da freut sich doch der Physiotherapeut angesichts der Vielfalt.
Selbstredend haben diese zusätzlichen Aufgaben keinerlei Vergütungsberechtigung. Kassieren und „Eintreiben“ der Rezeptgebühren bleibt ebenso unberücksichtigt, wie das Schreiben von Berichten an Ärzte. Das neue Patientenrechtsgesetz verlangt ebenso eine ausführliche Dokumentation, wie auch schon natürlich das Selbstverständnis eines jeden Therapeuten.
Manchmal fragt man sich aber, wieviel Zeit eigentlich noch für die Therapie bleibt?
Die Rahmenverträge der Krankenkassen definieren unseren Leistungsumfang wie
folgt:
• Aufstellung des individuellen Behandlungsplanes (incl.Terminvereinbarungen)
• Hilfeleistungen des Therapeuten
• Durchführung der Leistung?
• erforderliche Nachruhe?
• Verlaufsdokumentation
• sonstige Arbeiten, wie Zubereitung des Fangos, Anlegen der Elektrotherapie,
etc.
• Kontrolle der Verordnung auf Konformität zum Heilmittelkatalog
• demnächst Kontrolle des ICD-10 Code
• Kassieren einer Rezeptgebühr (die von der Krankenkasse abgezogen wird)
Das alles soll ein Therapeut bei einer Verordnung über Krankengymnastik für ein Salär von 15,40 € leisten? Wie groß muss die Ignoranz bei den Verhandlungs- führern der Krankenkassen sein, um hierbei noch einen Behandlungserfolg zu erwarten?
Dieser Gedanke führt mich jetzt zu einer elementaren Frage:
Wie ist eigentlich die Interessenlage der Beteiligten?
Nun ja, auch hier lohnt sich wieder ein Blick in das SGB V (§12 Abs1):
Das Leistungsrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt den Leistungsanspruch des einzelnen Versicherten darauf, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen. Über das „notwendige Maß" hinausgehende oder unwirtschaftliche Leistungen können die Versicherten nicht beanspruchen, die Leistungserbringer dürfen sie nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich? Na ja:
?• Ausreichend:
• Zweckmäßig:
• Wirtschaftlich:
in der Schule bedeutet das wohl Note 4 ist eine umgedrehte Obstkiste als Wohnzimmertisch auch also wohl mit dem geringsten finanziellen Aufwand
Ich denke, es bedarf keiner umfassenden Erläuterung, dass unter diesen Gesichtspunkten sowohl der Gesetzgeber, als auch die Krankenkassen, hier einen rein finanziellen Hintergrund als Grundlage ihres Handelns festgelegt haben. Das ist natürlich auch nachvollziehbar, letztendlich geht es immer „ums Geld“. Schlussendlich würde sich ja der Praxisinhaber „auf der anderen Seite“ sonst, wiegerade, nicht hinsetzen und „Zustandsbeschreibungen der Physiotherapie“ verfassen.
Jetzt betrachten wir einmal die Arbeitnehmerseite:
Ich postuliere:
Arbeitnehmer sind häufiger krank als ihr Chef oder die leitenden Mitarbeiter. In meiner Praxis auf jeden Fall. In den Praxen meiner engen Freunde ebenfalls. In den Firmen oder Unternehmen von anderen Freunden und bekannten ebenfalls.
Man kann natürlich gerne vermuten, dass die Arbeitsbelastung der Arbeitnehmer in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist. Viele arbeiten möglicherweise an ihrer persönlichen Belastungsgrenze. Ob dies aber ausschließlich den Bedingungen am Arbeitsplatz anzulasten ist, wage ich zumindest zu bezweifeln. Es ist aber festzustellen, dass wohl offensichtlich gerne ein paar Krankheitstage „genommen“ werden, um sich mal zu erholen. Aber mir fallen da noch weitere Beispiele ein, die mir in den letzten Jahren widerfahren sind:
Mitarbeiter kündigen, weil sie den Arbeitsplatz wechseln. Ihren Urlaub haben sie aber bereits aufgebraucht. Gerne wird man da mal von einer Grippe, Magenverstimmung, allgemeinem Unwohlsein oder sonstigen Unpässlichkeiten heimgesucht, die es einem unmöglich machen weiterhin zur Arbeit zu erscheinen.
Ein Mitarbeiter trainiert monatelang für eine Alpenüberquerung per Mountainbike. Im Sinne der Fitness sicher ein lobendes Ziel. Leider ist die Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit wohl aber eher etwas zu optimistisch. Die Folge war ein sog. Ermüdungsbruch der Mittelfußknochen mit anschließendem 6-wöchigen Krankenstand.
Worüber man eigentlich nur hinter vorgehaltener Hand spricht, weil ein heikles aber nicht unübliches Beispiel:
In familiären Ausnahmesituationen, egal ob eines fremdgehenden oder gewalttätigen Partners, schwere Erkrankung oder gar Tod eines nahen Angehörigen o.ä. - man geht zum Arzt und lässt sich krank schreiben. Ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht falsch verstanden werden. In solchen dramatischen Situationen gibt jeder Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer frei. Sofort und unbürokratisch. Bei uns werden Patienten umbestellt und gerne machen Kollegen auch aus Kompensationsgründen Überstunden. Früher ging man aber zur Unternehmensleitung und bat um Urlaub oder Freistellung um seine Probleme zu regeln. Heute zieht man „den gelben Schein“.
Die zu anführbaren Beispiele in dieser Hinsicht sind unzählig und vielfältig. Interessant ist nur, wie unkritisch wohl Krankmeldungen heutzutage ausgestellt werden. Viele Ärzte haben wohl manchmal eher im Blick unter dem herrschenden Termindruck dieses gegenübersitzende „Bild des Jammers“ so schnell wie möglich wieder aus der Praxis zu entfernen. Mit einer Krankmeldung geht das oft ganz schnell.
Es führt mich aber umgehend zu folgendem Schluss:
Arbeitnehmer bekommen ihr Gehalt 6 Wochen weitergezahlt, egal welche Erkrankung zugrunde liegt. Ein unternehmerisches Prinzip lautet: wo sich Möglichkeiten bieten, soll man sie nutzen. Hier erleben wir allerdings eine Abwandlung der vollkommen risikolosen Anwendung.
Wie steht es bei der Ärzteschaft?
Sie sind ja als „Verordner“ besonders im Visier der Krankenkassen, kassenärztlichen Vereinigungen, ihrer Patienten und natürlich auch uns „Leistungserbringern im physiotherapeutischen Bereich“.
Nun wissen wir alle, wie sehr die Ärzteschaft immer wieder an die Öffentlichkeit geht, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Inzwischen sind wir soweit, dass Arztpraxen geöffnet haben wie Schulen, anders gesagt, in den Ferien geschlossen sind. Es wird seitens vieler Ärzte glaubhaft versichert, dass man durch Budgetierungsregelungen ohnehin nicht mehr verdient, dann könne man auch zuhause bleiben.
Ich kann und will das nun ausschließlich aus meiner Sicht beleuchten.
Ich habe in 25 Jahren „im System“ alles kennengelernt, was man sich nur vorstellen kann.
Wunderbare, zugewandte Mediziner, die volle Praxen hatten; für jedes Mütterchen ein gutes Wort und für jedes Problem einen pragmatischen Ratschlag. Sie haben sich in der Hauptsache mit dem beschäftigt, was sie ursprünglich einmal zu ihrer Berufung geführt hat: Hilfe für kranke Menschen. Am Ende aber mussten sie feststellen, dass sich ihre Praxis nur trug, weil ihre Frau kostenlos mitarbeitete und die Putzfrau aus der näheren Verwandtschaft rekrutiert wurde. Sie waren am Ende ihrer Lebensarbeitszeit unwirtschaftlich geworden, weil sie sich mehr mit Medizin als mit betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, aufgezwungen von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, beschäftigt hatten.
Über viele Zwischennuancen hinweg gibt es außerdem viele Vertreter der Zunft, die sich von vornherein der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung ihrer Praxis verschrieben haben. Berater gehen in der Praxis ein und aus, die ihnen erklären – wenn sie nicht selbst drauf kommen – „wie man Medizin machen muss“, damit möglichst das betriebswirtschaftliche Ergebnis optimiert wird. Geben Sie bei Google den Begriff „Coaching für Ärzte“ ein, erhalten Sie 613.000 Treffer. Ein riesiger Markt entstand hier offensichtlich. Ein Bedarf den Ärzte geschaffen haben? Niedergelassene Ärzte befinden sich heute fast ausschließlich nur noch im betriebswirtschaftlichen Modus, sonst überlebt ihre Praxis nicht „am Gesundheitsmarkt“. Ich will weder das Eine gut heißen noch das Andere verurteilen. Das steht mir nicht zu. Ich will lediglich den Bogen zu einer optimierten physiotherapeutischen Versorgung schlagen.
„Schlagen“ ist hier der richtige Ansatz. Denn seit 2004 schlagen sich die Ärzte zusätzlich mit einem Heilmittelkatalog herum, den der Gesetzgeber im SGB V eben verankert hat (siehe oben). Die erste Frage, die sich aufdrängt: wieso wird weder in der Ausbildung der Arzthelferinnen, noch bei den Physiotherapeuten im Lehrplan darauf eingegangen?
60% der Verordnungen außerhalb unseres Standortes Germering sind falsch. Über die Fehlerquote innerhalb Germerings führen wir keine Statistik, wir sind aber nahezu täglich 2-3 Stunden in Arztpraxen unterwegs, um Korrekturen einzufordern. Der Einwand, dass dies nicht unser Job sei, ist hier aber unangebracht. Wenn es schon bei der ersten Ausstellung nicht richtig war, ist es ein sinnloses Unterfangen dem Patienten zu erklären was falsch ist, damit er es der Helferin erklärt, was sie ursprünglich falsch gemacht hat.
In diesen Fällen gibt es sehr kooperative Praxen, die geradezu froh sind, dass dieses komplizierte Regelwerk endlich mal einer erklärt. Es gibt aber auch absolut beratungsresistente, unkooperative Mitarbeiterinnen, die uns das Leben erst recht schwer machen, weil sie auf ihrem Standpunkt (oder dem ihres Chefs) bestehen. Schalten Sie dann eine Beratungsstelle der Kassenärztlichen Vereinigung ein, weil wir ja, würden wir das Rezept so annehmen, keine Erstattung dafür bekämen, werden in den folgenden Monaten unsere Patienten damit abgestraft, dass man keine Rezepte mehr ausstellt, weil es zu kompliziert sei.
Genug davon. Fakt ist jedenfalls, dass es ein streng reglementiertes Regelwerk gibt, nachdem Ärzte vorzugehen haben. Damit aber nicht genug. Obendrauf kommt noch ein „Deckel“ der KV, versehen mit einer Richtgröße, die zusätzliche Einschränkung bedeutet. Dann kommen auch noch Vertreter der KV in die Praxis und beraten den Arzt wie er am meisten „sparen“ kann, damit er nicht in die Gefahr eines „Regresses“ schlittert. Folge: die Vorgaben im Regelwerk kann man sich sparen, weil sie letztendlich von der KV nochmal reglementiert werden.
Wir haben erlebt, dass frisch operierte Patienten mit der Maßnahme 6 x Krankengymnastik „versorgt“ wurden, die dann ein adäquates Behandlungsergebnis bei einer Meniskus-OP zur Folge haben sollte. War das nach 6 Behandlungen nicht gegeben – was natürlich auch nicht anders zu erwarten war – wurde dem Patienten eine weitere Behandlung mit Hinweis auf die herrschende Budget-Regelung verwehrt.
Die gleiche OP bei einem Privatpatienten mündet meist in einer ersten Verordnung über
10 x Lymphdrainage, 10 x Krankengymnastik, 10 x Elektrotherapie, 10 x Kältetherapie
Selbstverständlich mit dem Hinweis: „Sollte dies nicht genügen, rufen Sie einfach an, wir verlängern das dann“. Kommt dieser Patient dann zu uns in die Praxis, ist das ja prima. Ein lebender Kompensationsmechanismus für unsere miserable „Kassenperformance“.
Aber: immer öfter kommt er nicht zu uns. Warum? Weil ärztliche Gemeinschaftspraxen sich bereits ihre eigene Physiotherapiepraxis, oder noch besser, ihr eigenes Reha-Zentrum geschaffen haben. Selbstverständlich findet man nur im Impressum, dass die Ärzte die Inhaber sind oder bestenfalls die Ehefrauen. Aber man überweist sich selbst die „Schmankerl“; die „Peanuts“ schickt man leidlich versorgt weiter. Selbstverständlich mit mehr oder weniger Nachdruck wird auf die enge Verzahnung zwischen Therapeuten und dem operierenden Arzt hingewiesen, was ja durchaus Sinn macht. In jeder Hinsicht.
§ 128 Abs. 2 SGB V regelt die unzulässige Zusammenarbeit zwischen Ärzten und anderen Leistungserbringern. Mit einer solchen kreativen (Gegen-) Lösung hatten die Verfasser wohl nicht gerechnet.
Aus Sicht der dort angestellten Kollegen ist das natürlich ein Paradies. Man bekommt mehr Zeit für den Patienten und natürlich ein deutlich höheres Salär. Betriebswirtschaftlich ist dies auch leicht zu erklären: der Privatpatient „brachte“ ca. 70 € für ca. 45 Minuten Therapie, während der andere Praxisbesitzer mit seinen „Peanuts“ gerade einmal bei ca. 31 Euro landet.
Hier herrschst seit Jahrzehnten die Gesetzmäßigkeit, dass der Arbeitgeber für 6 Wochen Lohnfortzahlung zu leisten hat. Die große Errungenschaft vor einigen Jahren war, dass man sich als Arbeitgeber durch eine zusätzliche Abgabe einen Teil des gezahlten Entgeltes wieder „zurückholen“ kann. Wenn man sich für den entsprechenden Beitrag entschließt, 60 bis 80 %.
Im Falle der häufigeren Erkrankung der Mitarbeiter hat man als Arbeitgeber unter gewissen Umständen noch die Möglichkeit dem Mitarbeiter zu kündigen. Die Arbeitsgerichte erfreuen sich einer Welle von zu prüfenden Rechtmäßigkeiten solcher Kündigungen.
Natürlich kann man auch den medizinischen Dienst bemühen (Vertrauensarzt) um sich zu vergewissern, dass man seinen sozialen Verpflichtungen als Arbeitgeber auch anspruchsgemäß nachkommen muss. Aber wer macht das schon wirklich. Größere Betriebe kalkulieren bereits mit weit mehr als den statistischen 10 Fehltagen wegen Krankheit pro Mitarbeiter.
Kleinere Betriebe beklagen eigentlich fast durchgehend massive krankheitsbedingte Ausfälle. Genehmigt ein Chef aus betrieblichen Gründen mal keinen Urlaub, meldet sich der Arbeitnehmer eben krank. Mir selbst wurde das bereits in einem Mitarbeitergespräch so angetragen. Stress gehabt am Wochenende, oder noch besser, „vielleicht habe ich Stress am Wochenende“ – Montag und Freitag sind gerne „genommene“ Tage.
Kurz und gut: nach meiner Auffassung ist der Arbeitgeber der einzige Beteiligte, der sich wirklich wünscht, das sein erkrankter Mitarbeiter so schnell wie möglich wieder zum Einsatz kommt. Dabei fällt mir sofort das "Umknicktrauma" am Sprunggelenk des Freizeitkickers am Wochenende ein.
Dieser greift am Montag zum Telefon und ruft seinen Orthopäden an. Er braucht einen Termin; für einen Kassenpatienten: Donnerstag. Er ist ungehalten ob seiner Schmerzen, meckert und hat Glück: er wird am Montag, mit viel Wartezeit selbstverständlich, einbestellt.
Was folgt, ist Pech, denn der behandelnde Arzt „diagnostiziert“ nur aus 40 cm Entfernung sein Sprunggelenk und sieht mit sicherem Blick: “ ...umgeknickt, das tut 14 Tage weh, kann man aber nichts machen. Holen Sie sich eine Salbe. Hier haben Sie ein Rezept, holen Sie sich eine Schiene beim Orthopädiehändler im Erdgeschoß, und legen zuhause ein Eis drauf. Hier haben Sie eine Krankschreibung für eine Woche. Danach kommen Sie wieder, ich verschreibe Ihnen dann einen Gummistrumpf.“
Leider war aber eine weiterführende, bildgebende Diagnostik, aus Budgetgründen nicht gemacht worden. Nach 14 Tagen brachte diese nachgeholte Untersuchung, weil nur eine unzureichende Besserung eintrat, dann aber ein komplett und ein teilabgerissenes Außenband zutage.
Das schlechte Gewissen nötigte dann wohl den Arzt zu einer Verordnung von 6 x Krankengymnastik. Der Versuch den inzwischen manifestierten Bluterguss in 120 min Physiotherapie adäquat zu behandeln scheiterte. Die
Stabilität wird wohl auch so schnell nicht wieder hergestellt werden können. Allerdings sind mehr Behandlungen, aus den gleichen Gründen wie bereits oben erwähnt, auch nicht möglich. In dem Fall muss jeder selbst schauen wie er zurecht kommt; als Arbeitgeber genauso wie als Arbeitnehmer.
Da war doch Jogi Löw richtig froh. Seine Nationalspieler wurden während der WM nicht wie Kassenpatienten behandelt. Oder glaubt jemand daran, dass Samy Khedira wegen seiner Verletzung von Klaus Eder 2 x 20 min in der Woche behandelt wurde und deshalb so schnell wieder fit war? Nur kein Aufschrei: mir ist klar, dass diese Situationen schlecht vergleichbar sind.
Was ist aber nun das Resümee? Wer hat denn nun Interesse daran, dass der Arbeitnehmer schnell wieder gesund wird und wieder arbeiten kann.
Die Krankenkasse:
Nein, hier stehen wirtschaftliche, ausreichende und zweckmäßige (Be)-Handlungen im Vordergrund. Darauf bezieht man sich gerne, denn das ist ja Gesetz. Die Menschen mit denen ich ab und an bei den Krankenkassen telefoniere, sind da immer „bei mir“, aber sie haben halt ihre Vorgaben. Nach 6 Wochen sind die meisten Erkrankungen auskuriert, und es hat die Krankenkasse nichts/wenig gekostet. Geld für Schulungen bzgl. des Heilmittelkataloges haben sie auch nicht. Reihenweise bekommen Patienten falsche Auskünfte und stehen anschließend in unserer Praxis, weil wir bei unserer Kontrolle ein Problem mit der Verordnung entdeckten. Die dann erbost angerufene Kassenmitarbeiterin kann sich das aber nicht erklären. „Wenn es der Arzt verordnet, bezahlen wir das auch“, so der Tenor. Lächerlich.
Die Ärzte:
Nein, sie sind gefangen in einem Netz aus Budget, Richtgrößen, Heilmittelkatalog und wirtschaftlichen Erwägungen. Eine Schiene geht nicht auf Budget, Behandlungen schon, Voltaren kostet inzwischen nur noch 5 €. Warum sollte er es sich auch antun, für ein Regressgespräch an einem Mittwochnachmittag, ca. 3 Jahre nach der Verordnung, in der KV zu erscheinen um dann mit einem Kollegen über die Notwendigkeit von Physiotherapie zu streiten.
Die Politik:
Nein, ich kann mich dunkel an eine Bundestagsdebatte erinnern in der ein Bundestagsmitglied ganz klar zum Ausdruck brachte: Je weniger Leistungserbringer, desto weniger Kosten. Auch eine Strategie. (zugegeben, dies liegt schon Jahre
???© Bernd Weiß, Physiotherapie, Landsberger Str. 23, 82110 Germering
zurück). Im Internet finden Sie massenhaft Beiträge in regionalen Zeitungen, oder gar Fernsehberichten, in denen die Politik eingebunden ist. Geben Sie „wirtschaftliche Probleme Physiotherapie“ in Google ein, kommen 434.000 Ergebnisse. Obenan stehen Berichte der „Zeit“, Treffer mit „Existenzgefährdung“ und nicht zuletzt „Selbstausbeuter an der Massagebank“.
Die Arbeitgeber:
ein ganz klares Ja:
Ich kann mir eigentlich seit Jahren nicht erklären, warum das so von der Mehrzahl der Arbeitgeber hingenommen wird. Annähernd 10 % der Lohnkosten, denn die trägt schließlich der Arbeitgeber bei seiner hälftigen Beteiligung an den Krankenkassenbeiträgen, reichen im Fall des Falles nur für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Behandlung? Der Mitarbeiter wird „krank“ geschrieben und bekommt in der Woche evtl. 2 x 20 min Krankengymnastik? Kälte oder Wärme soll er sich dann selbst machen, zusätzliche physikalische Therapie ist nicht verordenbar, weil der Katalog es nicht hergibt? Wer erwartet denn allen Ernstes damit eine wesentliche und schnelle Besserung? Zumindest bei den Berufsgenossenschaften gibt es hier positive Abweichungen von dieser Regel. Ist es also ein Glück, wenn man heutzutage einen Arbeitsunfall hat? Wir haben inzwischen für alles Zahlen und Statistiken, aber es wäre sehr interessant zu erfahren, welches volkswirtschaftliche Plus eine schnellere und umfangreichere Behandlung generieren würde.
Ich kann mich ebenfalls nicht mit dem Gedanken anfreunden welches therapeutische Potential durch budgetäre Erwägungen eigentlich brach liegt. Zusätzliche Physikalische Therapie nimmt einen großen Teil des Lehrplanes für Physiotherapie ein. Diese ergänzenden Leistungen können aber nur absolut limitiert eingesetzt werden, weil der Heilmittelkatalog dies nicht erlaubt. Aber ich habe doch vor 20 Jahren gelernt und gesehen, welche Erfolge man mit einer umfassenden physikalischen Zusatztherapie, kombiniert mit einer zielführenden physiotherapeutischen Intervention erzielen kann. Ich habe nicht 3 Wochen gebraucht um ein umgeknicktes Sprunggelenk wieder einigermaßen belastbar zu bekommen. Allerdings hat mein ehemaliger Chef (er war im Übrigen Leiter der Sportphysiotherapeutenausbildung im DSB) auch seinen „normalen“ Patienten am Anfang der Therapie Lymphdrainage, Elektrotherapie und Eis verordnet, um anschließend mit Krankengymnastik / Manueller Therapie und wiederum ergänzender physikalischer Therapie möglichst großen Einfluss auf die Genesung zu haben. Heute soll ich dies (wenn der Patient Glück hat und eine Verordnung bekommt) mit 6x Krankengymnastik, aber max. 2 x wöchentlich hinbekommen.
An dieser Stelle akzeptiere ich auch nicht das Schlagwort der letzten Jahre: evidenzbasiert. Ich kenne massenhaft Arztpraxen, die zusätzliche physikalische Abteilungen betreiben und ausschließlich Fango und Elektrotherapie, Elektrotherapie und Eis oder ähnliches abgeben. Oftmals gipfelt die „therapeutische Intervention“ noch in einem „Rüttelbett“, welches mit einem handelsüblichen Föhn als Wärmespender betrieben wird. Evidenzbasiert gilt nur für Physiotherapeuten, oder wie? Ich frage mich warum diese Therapieformen einen Platz im Lehrplan gefunden haben, wenn sie dann nur sehr eingeschränkt eingesetzt werden können. Gelten diese „Optimierungen“ nur für Leistungssportler?
Manchmal wünschte ich mir, man gäbe die Zusatzleistungen einfach frei. Zahle den Physiotherapeuten einfach ein anständiges Salär pro Behandlung, und ließe sie einfach „machen“. Dann entscheidet innerhalb kürzester Zeit der Patient in welche Praxis er geht; oder der Arbeitgeber entscheidet, in welche Praxis er seine Arbeitnehmer schickt, damit sie schnell wieder „auf der Matte“ stehen. Es wird sich am Markt sehr schnell herumsprechen, welche Physiotherapeuten einen “schnell wieder fit“ bekommen. Dann könnte ich auch wieder mein Elektrotherapiegerät einsetzen, in welches ich 4.000 € investiert habe. Den Wegfall der nahezu sensationellen Erstattung von 4,30 € pro Behandlung könnte ich dann auch noch verschmerzen.
Ein Lösungsansatz ist sicher unpopulär:
Die Abschaffung der 6-wöchigen Gehaltsfortzahlung, stattdessen bekommt jeder Arbeitnehmer den entsprechenden „Versicherungsbetrag“ der Arbeitgeber ausgezahlt und versichert seine Gehaltfortzahlung selbst. So wie es auch jeder Selbstständige tun muss. Bei Risikosportarten steigt dann der Beitrag. So hat jeder Arbeitnehmer ein wunderbares Steuerungselement selbst in der Hand.
Für die Arbeitgeber fällt ein wesentliches Risiko weg. In meinem Fall würde ich sogar einen weiteren Arbeitsplatz schaffen, denn dieser wäre dann leicht finanzierbar.
Weiterhin könnten Arbeitgeber auch Zusatzleistungen wie Beihilfen zu Behandlungen in ihren Arbeitsverträgen verankern, um ein möglichst optimales Behandlungsergebnis (für o.a. Beispiel) zu erzielen. Auch wäre dann vorteilhaft, wenn man dafür nicht 7% Mehrwertsteuer abführen müsste. Wir sind schließlich nicht im Einzelhandel.
Zusätzliche Fragen und Ideen:
Abbau des Bürokratiewahns im Gesundheitswesen. Wer kann mir sagen wieviel die Überwachung eines bürokratischen Monsters, wie dem Heilmittelkatalog, überhaupt kostet? Wäre dieses Geld im System hatten wir möglicherweise kein Budgetproblem?!
Ich kann mich noch erinnern, dass in „Tarif- und Besoldungsverträgen“ Ortszuschläge die unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen widerspiegelten. In Gebieten Deutschlands in denen 5 €/qm Miete vorherrschen und den Physiotherapeuten 1.000 € brutto für einen Vollzeitjob gezahlt werden, erstatten die Krankenkassen genau den gleichen Betrag wie in Ballungsgebiete mit 16 €/qm Mietzins und erheblich höheren Lebenshaltungskosten.
Wer fühlt sich berufen hier einmal einzuschreiten?
Berufsverbände (aber auch private Träger) erzielen mit Ausbildungen für Zertifikatspositionen, die es nur in Deutschland gibt, wesentliche Umsätze. Dies ist aus meiner Sicht ein Interessenskonflikt. Man muss die Ausbildung bereits von vornherein auf ein entsprechendes Niveau stellen. Andere Länder schaffen das ja auch.
Gleichwohl sollte die Entlohnung der Leistungserbringer nach ihrer Qualifikation, dann aber auch adäquat, erfolgen. Die Erfüllung einer Zertifikatsposition einer 22- jährigen Physiotherapeutin ist nicht das Gleiche wie 22 Jahre Berufserfahrung mit dieser Ausbildung. In Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes wird dies abgebildet. In den Krankenhäusern erhalten Physiotherapeuten mit Bachelorabschluss über diese Tätigkeitsmerkmale bessere Vergütungen. Andererseits ist es in meiner Praxis völlig egal, ob eine Krankengymnastin kurz nach ihrem Abschluss die Behandlung macht oder ein Physiotherapeut mit mehreren Weiterbildungen und vielen Jahren Berufserfahrung. Warum wird das nicht bei den Vergütungen der Krankenkassen anerkannt? Ist es ihnen möglicherweise egal? Wahrscheinlich schon, denn eine zweckmäßige, wirtschaftliche und ausreichende Behandlung bekommt auch ein Therapeut hin, der beispielsweise nur knapp das Examen bestanden hat. Ist dies Gleichbehandlung der Leistungserbringer: Warum werden in den physiotherapeutischen Behandlungseinheiten der Kliniken und Reha-Zentren nicht die gleichen Maßstäbe angesetzt wie in den freien Praxen? Dort dürfen Behandler ohne Zusatzqualifikation oftmals Behandlungen ausführen, die, wenn ich mich ebenso verhalten würde, meine Zulassung gefährden würden. Niemand kontrolliert das.
Meine Praxis wird nach den aktuellen rechtlichen Grundsätzen geführt. Ich mache mich aber in jeder Diskussion lächerlich, wenn ich dies auch so kommuniziere. Es gibt massenhaft Praxen, die sich nicht um Fristen, Unterbrechungen und sonstige Regularien scheren. Trotzdem passiert hier seit Jahren nichts. Ich möchte hier definitiv niemanden „anschwärzen“, aber wo bleiben die Konsequenzen. Wenn man solche Regeln aufstellt, muss man sie auch überwachen.
Andererseits, wo liegt eigentlich das Problem, wenn ein Patient statt nach 14 erst nach 15 Tagen wieder in die Praxis kommt? Die Leistung wird weder billiger noch teurer. Ein anderes Datum hier einzutragen, ist auf jeden Fall einfacher als einen gewaltigen Änderungs- und Begründungsakt einzuleiten. Eigentlich Unsinn, denn je länger ein „Rezept dauert“ umso später geht der Patient evtl. wieder zum Arzt.
Fakt ist jedenfalls, dass seit Jahren in Internetforen, Medien wie dem Focus, oder auch in verschiedenen Fernsehsendungen diese Problematiken thematisiert werden. Aber ebenfalls ohne Konsequenzen. Unsere Berufsverbände schlagen inzwischen durchgängig die Akademisierung unseres Berufes vor. Das wird doch aber nicht das Problem der Vergütung lösen. Ein allseits geschätzter Prof. Neubauer erhebt betriebswirtschaftliche Daten um nachzuweisen, dass Physiotherapiepraxen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Da braucht man keine Studie, sondern nur einfachste Mathematik.
Für die Uniklinik Mainz wurde in einer Fachzeitschrift eine Berechnung veröffentlicht aus der hervorgeht, dass die Klinik im Jahr pro Physiotherapeut ein Minus von ca. 8.000 € einfährt. Trotzdem stellt man aber den Trend fest, dass sich sogar Kliniken für ambulante Patienten öffnen und somit wiederum den Niedergelassenen die Patienten „wegnehmen“. Ein Treppenwitz ist geradezu das Verhalten der Berufsgenossenschaft. In Murnau z. B. werden bei den Physiotherapeuten, wie überall anders auch, erkleckliche Beträge eingefordert. Die Klinik übernimmt aber immer mehr die Behandlungen auch ambulanter Patienten aus der Umgebung und schwächt somit die Ertragslage der Zwangsmitglieder aus dem nahen Umfeld.
??unser Niveau der Physiotherapie in Deutschland?
?Offensichtlich, denn niemand wehrt sich wirklich gegen diese Umstände.
Ein anderer Trend drängt sich ebenfalls immer mehr in den Vordergrund. Physiotherapiepraxen unterscheiden bei der Terminvergabe nach wirtschaftlichen Erwägungen. Das ist einerseits nicht verwunderlich, angesichts der Tatsache, dass ein privatversicherter Patient mit 80 € pro Stunde kalkuliert werden kann, ein gesetzlich Versicherter aber lediglich mit 46 €. Aber, wie bereits erwähnt, 15,45 € für die Behandlung eines frisch operierten Kniegelenkes erscheinen nicht sehr „attraktiv“. Daraus resultiert aber inzwischen teilweise ein Verhalten wie in manchen Arztpraxen: Kassenpatienten warten ewig auf ihren Termin. Wir hatten sogar schon Patienten, die zu uns kamen, weil sie in anderen Praxen mit den Worten: „Ohne Zusatzleistungen behandeln wir Sie nur, wenn Sie was draufzahlen“ weggeschickt wurden.
Die schwächsten aller Patienten, nämlich diejenigen, die auf einen Hausbesuch angewiesen sind, telefonieren teilweise mit 5 Praxen und „betteln“ um einen solchen Besuch. Manchmal weicht man sogar auf einen 5 km entfernten Nachbarort aus, um einen Physiotherapeuten für einen Schlaganfallpatienten zu bekommen. Da hatten die Verhandlungsführer der Krankenkassen vor Jahren eine geniale Idee. Sie strichen einfach die Kilometerabrechnung und ersetzen sie durch eine Pauschale von 10,90 €. Für Hinfahrt und Rückfahrt, die möglicherweise 20 – 25 min dauert. Rein rechtlich muss der Praxisinhaber natürlich das Fahrzeug stellen. Wen wundert es da noch wirklich, dass der Kollege keine Kapazität hat?
Vertreter der Krankenkassen wissen das; vor über 10 Jahren hat der Bundesminister des Inneren sogar die Beihilfen für seine Beamten de facto eingefroren; Berufsverbände wissen um dieses Vorgehen; Patientenvertreter kennen solche Beschwerden. Privatkassen versuchen aber auch schon seit Jahren am Markt oftmals eine Preissenkung durchzudrücken.
Massenhaft gibt es dazu Veröffentlichungen:
Physiotherapeuten: Selbstausbeuter an der Massagebank | Karriere | ZEIT ONLINE
[kaputter Link]- Physiotherapeuten#/beitrag/video/1647774/Buerokratenwahn-beim-Physiotherapeuten
[kaputter Link]- zukunft-1.623264
[kaputter Link]- Druck;art2388,1999742
...das ist der sensationellste Ansatz: Outsourcing
Es passiert: NICHTS
Manchmal muss man sich fragen: was würde passieren, wenn es in Deutschland nur noch eine Gesundheitsversorgung gäbe - Keine Gemeindeunfallversicherung, keine Berufsgenossenschaften, keine BfA, keine LVA, keine Ersatzkassen, keine RVO- Kassen, etc.. Wäre dann genügend Geld „im System“ für eine gerechte Vergütung?
Ich fasse also zusammen:
In viele Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen werden entweder Praktikanten oder Physiotherapeuten ohne Zusatzqualifikation, eingesetzt um Behandlungen durchzuführen, die in der freien Praxis nur mit entsprechenden Zusatzausbildungen gemacht werden dürfen. Der niedergelassene Physiotherapeut riskiert im gleichen Falle seine Zulassung und macht sich strafbar. Größtes Problem aber: prangert man dies an, gerät man in Gefahr als „Nestbeschmutzer“ tituliert zu werden. Die Lehreinrichtungen sind froh, Praktikantenstellen überhaupt anbieten zu können; mancher Lehrer der Einrichtung betreibt selbst eine Praxis mit diesen Praktikanten, die Krankenhäuser sparen sich Arbeitskräfte und somit Lohnkosten. Aber es ist und bleibt ein „Abrechnungsproblem“.
Die Verwaltungsaufgaben der Physiotherapeuten werden ständig erweitert, ohne dass diese Arbeiten finanziell abgebildet werden. Dies geht immer zu Lasten der Behandlungszeit der Patienten.
Es ist Ärzten offensichtlich erlaubt, eigene Reha-Zentren oder Praxen zu gründen, um sich dann ihre eigenen Patienten zuzuweisen. Es scheint sowohl den gesetzlichen Krankenversicherungen, als auch den privaten Versicherern, nichts anderes möglich zu sein, als hier nur zuzusehen.
Krankenhäuser jedweder Trägerschaft sollten sich auf die Durchführung von stationären Behandlungen konzentrieren. Die Eröffnung von ambulanten Therapieeinrichtungen widerspricht dieser ursprünglichen Aufgabe.
Ausufernde bürokratische Regelungen des Gesetzgebers und der Kassenärztlichen Vereinigungen provozieren Kontrollvorgänge, die immense Summen verschlingen. Physiotherapeuten müssen Verordnungen der Ärzte auf „Verwaltungskonformität“ prüfen, obwohl z.B. die AOK Bayern ca. 200 Praxisverwaltungsprogramme als zerti- fiziert meldet (AOK-Bundesverband - Presse - AOK-Medienservice - ams-Politik 07/11 - Zahl des Monats: Software-Systeme für Arztpraxen). Auch nur geringste Abweichungen in Form von Buchstaben, Zahlen oder Terminologie werden teilweise mit der Absetzung der gesamten erbrachten Leistung geahndet.
Das muss ein Ende haben.
Budgetregelungen bzw. anderweitige Vorgaben von KVen oder auch eigene praxisinterne Vorgehensweisen gefährden oftmals einen früheren Behandlungserfolg (wenn überhaupt ein solcher stattfindet) und provozieren somit nicht unwesentliche volkswirtschaftliche Schäden bei Arbeitgebern.
Regionale Gegebenheiten bleiben im Vergütungssystem der gesetzlichen Krankenkassen vollkommen unbewertet. Im Besoldungssystem der Mitarbeiter der Krankenkassen wird dies sehr wohl berücksichtigt.
Die Tendenz zu Privatpraxen im physiotherapeutischen Bereich führt zum Einen zu einer Wettbewerbsverzerrung, zum Anderen aber auch zu einer weiteren Kostenexplosion bei den Privaten Krankenversicherungen, da offensichtlich alle Möglichkeiten des Systems ausgenutzt werden.
6 Wochen Gehaltsfortzahlung bei Befindlichkeitsstörungen, Betrachtung von Schwangerschaft als Krankheit, Zusatzurlaub auf „gelben Schein“ –Hier sollte evtl. ein Umdenken stattfinden. Arbeitnehmern sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich gegen ein solches „Unbill“ selbst zu versichern, oder eben auch nicht. Die Arbeitgeber werden gerne ihren finanziellen Teil dazu beitragen.
Wettbewerb führt zwangsläufig zu Werbung. Gerne auch unter den Krankenkassen. Aber wenn sie gesetzlichen Regelungen und Leistungsverpflichtungen unterliegen, dann muss man auch einmal ganz klar sagen: ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich. Das muss dann aber auch beiden Vertragspartnern zugestanden werden. 15,40 € incl. aller Nebenleistungen sind auf keinen Fall wirtschaftlich, sondern nahe der Ausbeutung. Bei einem Gewinn von 20 % vor Steuern, bedeutet das bei einem Stundenlohn von 46,20 € einen Bruttogewinn von 9,24 €. Eine gewisse Nähe zum Mindestlohn ist da doch erkennbar...
Eines blieb aber bei den ganzen Ausführungen bisher unberücksichtigt: eine vollkommen vernachlässigte moralische Seite.
Es gab vor einigen Tagen im Bayrischen Rundfunk einen Bericht über Physiotherapeuten, die Ihre Patienten „abzocken“
Der Hintergrund: In bestimmten Physiotherapiepraxen verlangen Kollegen eine, oftmals nicht unerhebliche, Zuzahlung zum Kassenrezept. Auch ich kenne solche Praxen. Ebenso kenne ich Praxen, die Patienten mit einer Verordnung über Lymphdrainage, oder Krankengymnastik ohne Zusatzleistungen, wegen Unwirtschaftlichkeit ablehnen.
Natürlich kann ich auch den Argumenten solcher Kollegen folgen, die die Unwirtschaftlichkeit solcher Verordnungen beklagen.
Hier trifft aber die Krankenkassen, die durch ihre Verhandlungstaktik in den letzten Jahren eine gesunde Preisentwicklung verhindert haben, eine gehörige Mitschuld.
Für meine Person steht aber fest: bevor ich irgend ein Mütterchen zu einer Zuzahlung „nötige“, nur um von mir wirtschaftlich „behandelt“ zu werden, gebe ich meine Kassenzulassung zurück. Das aber sicher mit dem nötigen „großem Brimborium“. Denn ich bin nicht Physiotherapeut (mit Kassenzulassung) geworden um mich ausschließlich wirtschaftlich zu orientieren. Auch bin ich nicht Physiotherapeut geworden um mir ständig anzuhören ich müssen, dass ich auf dem sogenannten 2. Gesundheitsmarkt nach neuen Einnahmequellen suchen muss, um meine Praxis wirtschaftlich zu betreiben.
Ich erwarte von meinem Vertragspartner zumindest eine solche Vergütung die es mir erlaubt meine Praxis wirtschaftlich zu führen. Das ist aber auf der Basis der Erstattungen der gesetzlichen Krankenversicherungen definitiv nicht möglich. Zumindest nicht, wenn man es „anständig“ machen will.
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Bernd Weiß schrieb:
Hallo zusammen,
diesen Brief habe ich vor Wochen an unterschiedlichste Institutionen und Personen gesandt, die "irgend etwas" mit der Materie zu tun haben könnten. Eine der nettesten Antworten war, dass man an der Vielschichtigkeit scheitern würde, :blush:)
Ist eine physiotherapeutische Praxis, unter korrekter Berücksichtigung der vorgegebenen heutigen Rahmenbedingungen, noch wirtschaftlich zu führen?
Schon wieder einer, der jammert. Das ist wohl reflexartig der erste Gedanke bei den meisten Menschen, wenn sie diese Ãœberschrift lesen.
Nun ja, die Frage ist ja zuerst einmal: Was sind die heutigen Rahmenbedingungen? Haben sie sich in den letzten Jahren verändert, haben sich die Physiotherapeuten nicht entsprechend auf Änderungen eingestellt, oder ganz anders: warum kommt diese Fragen denn eigentlich erst auf?
Viele meiner Patienten kennen unsere Praxis noch aus den Zeiten unserer Anfänge von vor nunmehr 23 Jahren. Damals traten zwei junge, enthusiastische, hoch motivierte Masseure und medizinische Bademeister an, ihren Traum der Selbstständigkeit zu verwirklichen. Unterstützt wurden sie von Anfang an von der Frau eines der Therapeuten, die sich als ausgebildete Arzthelferin mit Verwaltung und Abrechnung beschäftigte.
Es dauerte nicht lange, dann kristallisierte sich heraus: schnell aufeinanderfolgende Gesundheitsreformen werden uns den Spaß am Beruf sehr schnell verleiden, denn Behandlungen werden reglementiert werden und Krankengymnasten haben die viel bessere Lobby. Da war es egal, dass die bekanntesten und unumstrittensten Betreuer von Sportmannschaften Leute wie Hans-Jürgen Montag waren, ein Masseur wohlgemerkt.
Aber gut. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Die Ausbildung zum Physiotherapeuten wurde absolviert, zusätzlich die von den Krankenkassen geforderten Zertifikatspositionen für Manuelle Therapie und Krankengymnastik bei neurologischen Erkrankungen. Unzählige weitere Qualifikationen folgten, denn die Physiotherapeuten sind als ein sehr „fortbildungsaffines Völkchen“ bekannt. Welch ein Glück, denn heute machen unsere Verordnungen über Massagetherapie lediglich 2-3 % unseres Umsatzes aus.
Problem damals wie heute: eine Fortbildung „Manuelle Therapie“ kostet (heutiger Stand) ca 3.300 € plus ca. 20 Werktage Verdienstausfall plus für ca. 30 Tage Übernachtungs- und Fahrtkosten.
Geradezu ein Witz ist aber, was die Vergütung für diese qualifizierte Leistung bringt: gerade einmal 1,70 € vergütet z.B. die Barmer Ersatzkasse dafür mehr. Dies ist insbesondere dann lächerlich, wenn man sich vor Augen führt, dass ich erst nach ca. 1.970 Behandlungen meine Lehrgangskosten und erst nach weiteren 2.500 bis 3.000 Behandlungen auch den entsprechenden Verdienstausfall und die Übernachtungskosten wieder hereingearbeitet habe. Für meine Mitarbeiter gilt natürlich die gleiche Rechnung.
Interessante Randerscheinung bei dieser Geschichte: die Krankenkassen fordern diese Zusatzausbildungen, nicht der Gesetzgeber. In anderen europäischen Ländern existieren diese Regelungen nicht. Nun beklagen wir aber einen Fachkräftemangel und freuen uns über einen gut ausgebildeten spanischen Physiotherapeuten, der sich bei uns bewirbt. Er hat auf Teneriffa eine neurologische Klinik geleitet, verfügt über große berufliche Erfahrung und möchte bei uns arbeiten.
Nun ja, Sie ahnen schon - so einfach ist das nicht.
Der spanische Kollege muss erst einmal bei der Regierung von Oberbayern einen Antrag stellen, der ihm erlaubt (trotz seines absolvierten Hochschulstudiums in Spanien) bei uns in Deutschland, zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenkassen, seinen Beruf auszuüben. Dafür gibt es bei der Regierung von Oberbayern einen einzigen Sachbearbeiter, der alle Anträge bearbeiten muss. Sie ahnen ebenfalls: das kann dauern.
Nächstes Problem: der spanische Kollege muss die Zusatzausbildungen „Manuelle Therapie“, „Manuelle Lymphdrainage“, „Krankengymnastik nach Bobath (Neurologie)“ nach dem Standard der deutschen gesetzlichen Krankenkassen vorweisen. Es werden aber nur bestimmte Schulen in Europa von den Krankenkassen anerkannt. Das bedeutet aber meist: die Kurse müssen in Deutschland wiederholt werden, um die Zulassung zu bekommen. Wenn er das gewusst hätte, dann wäre die Wahl seiner Ausbildungsstätte in Spanien möglicherweise anders ausgefallen.
Dies gilt aber nur, wenn der Therapeut in einer freien Praxis wie der unseren tätig werden will. Arbeitet er beispielsweise in einem Krankenhaus, wird niemand kontrollieren, ob er diese Qualifikationen vorweisen kann. Dort können, und werden, seine Leistungen abgerechnet. Beschäftige ich ihn und lasse von ihm solche Leistungen erbringen, mache ich mich strafbar. Vielleicht ist er in einem Krankenhaus sogar noch für einen Praktikanten zuständig. Dieser wird nämlich von Patient zu Patient geschickt, oftmals ohne entsprechende Aufsicht und behandelt in seinem Praktikum frisch operierte Patienten. Selbstverständlich werden auch die Leistungen des Praktikanten aber voll durch das Krankenhaus abgerechnet.
Ein weiterer „netter“ Nebeneffekt: die Vergütungsvereinbarungen im öffentlichen Dienst haben in den letzten 10 Jahren durch Anhebungen und Neuordnungen dazu geführt, dass im Durchschnitt im öffentlichen Dienst mtl. 200-300 € mehr verdient werden als in den freien Praxen. Selbstverständlich ist dort natürlich auch um 17:00 Uhr Feierabend. Um diese Zeit erwartet aber der Patient bei uns in der freien Praxis erst einmal einen fundierten Dienstleistungsgedanken. Er möchte schließlich nach seinem Feierabend behandelt werden.
Dies tun wir natürlich auch, an drei Tagen pro Woche sogar bis 21:00 Uhr. Allerdings zieht das u.U. andere Probleme nach sich: als es neulich ein Problem mit einer Verordnung gab und ich gegen 18:00 Uhr versucht habe zwecks Klärung die Krankenkasse zu erreichen: auch hier bereits Feierabend.
Ein weiterer Gedanke streift mich im Zusammenhang mit Vergütungsvereinbarungen. Die Mitarbeiter der Krankenkassen werden nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes entlohnt. Dieser hatte, zumindest aus Sicht der Physiotherapeuten, mit knapp 20% einen respektablen Zuwachs.
Selbstverständlich hat der Berufsverband, dem ich angehöre auch dieses Jahr sein Verhandlungsergebnis wieder als „herausragend“ bezeichnet.
Dazu fiel mir eine Statistik des ADAC ein: Im Jahr 2011 lag der Stundensatz in einer VW-Werkstatt zwischen 75 und 101 €. Da hoffen wir doch, dass der Krankenkassenmitarbeiter in der Führungsebene nicht dann auch noch einen BMW fährt. Da ging der Stundensatz nämlich bis 170 €.
Auch wenn es fraglich ist, ob dieses grundsätzliche Problem jemals bei den Entscheidungsträgern ankommt:
Eine Physio-Praxis ist mit diesen Vergütungssätzen nicht zu führen,
• ohne, dass sich die Mitarbeiter ausgebeutet vorkommen
• ohne, dass die privaten Versicherungen Kompensationsmechanismen sind
• ohne, dass „Masse statt Klasse“ bei der Behandlungsplanung vorherrschen muss
Dabei wurde eines unserer signifikantesten Probleme überhaupt noch nicht angesprochen: der Bürokratisierungswahn im System (grundsätzlich und insbesondere bei den Heilmittelverordnungen)
Meine Praxis hat seit ihrer Gründung kontinuierlich ihren Gewinn vor Steuern zugunsten von Mitarbeitern in der Verwaltung / Rezeption heruntergefahren. Seit Einführung der neuen Heilmittelrichtlinie vor 10 Jahren hat sich dieser sogar halbiert. Möglichkeiten für Neuinvestitionen gehören so langsam in die Welt der Fabeln.
Zur Verdeutlichung:
Im Jahre 2004 wurde mit einer entsprechenden Verankerung im Sozialgesetzbuch eine Heilmittelrichtline in Kraft gesetzt, die den Umgang mit diesen Verordnungen regelt. Ich möchte nicht die komplette Chronologie wiedergeben, aber inzwischen sind wir soweit, dass wir kontrollieren müssen, was die Ärzte auf die Verordnung schreiben.
Stimmt hier etwa ein Buchstabe nicht, laufen wir Gefahr, dass von der Abrechnungsstelle das Rezept einbehalten wird und die Bezahlung wegen Ungültigkeit der Verordnung nicht erfolgt.
Seit Neuestem werden wir auch noch dazu missbraucht, nachzukontrollieren ob eine Buchstaben-Zahlenkombination für die Zuordnung der Diagnose des Arztes richtig ist. Dies, obwohl die sog. ICD-10 Codierung vom (von den Krankenkassen zertifizierten) Computerprogramm des Arztes eingetragen wird. 15.600 Möglichkeiten - da freut sich doch der Physiotherapeut angesichts der Vielfalt.
Selbstredend haben diese zusätzlichen Aufgaben keinerlei Vergütungsberechtigung. Kassieren und „Eintreiben“ der Rezeptgebühren bleibt ebenso unberücksichtigt, wie das Schreiben von Berichten an Ärzte. Das neue Patientenrechtsgesetz verlangt ebenso eine ausführliche Dokumentation, wie auch schon natürlich das Selbstverständnis eines jeden Therapeuten.
Manchmal fragt man sich aber, wieviel Zeit eigentlich noch für die Therapie bleibt?
Die Rahmenverträge der Krankenkassen definieren unseren Leistungsumfang wie
folgt:
• Aufstellung des individuellen Behandlungsplanes (incl.Terminvereinbarungen)
• Hilfeleistungen des Therapeuten
• Durchführung der Leistung?
• erforderliche Nachruhe?
• Verlaufsdokumentation
• sonstige Arbeiten, wie Zubereitung des Fangos, Anlegen der Elektrotherapie,
etc.
• Kontrolle der Verordnung auf Konformität zum Heilmittelkatalog
• demnächst Kontrolle des ICD-10 Code
• Kassieren einer Rezeptgebühr (die von der Krankenkasse abgezogen wird)
Das alles soll ein Therapeut bei einer Verordnung über Krankengymnastik für ein Salär von 15,40 € leisten? Wie groß muss die Ignoranz bei den Verhandlungs- führern der Krankenkassen sein, um hierbei noch einen Behandlungserfolg zu erwarten?
Dieser Gedanke führt mich jetzt zu einer elementaren Frage:
Wie ist eigentlich die Interessenlage der Beteiligten?
Nun ja, auch hier lohnt sich wieder ein Blick in das SGB V (§12 Abs1):
Das Leistungsrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt den Leistungsanspruch des einzelnen Versicherten darauf, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen. Über das „notwendige Maß" hinausgehende oder unwirtschaftliche Leistungen können die Versicherten nicht beanspruchen, die Leistungserbringer dürfen sie nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich? Na ja:
?• Ausreichend:
• Zweckmäßig:
• Wirtschaftlich:
in der Schule bedeutet das wohl Note 4 ist eine umgedrehte Obstkiste als Wohnzimmertisch auch also wohl mit dem geringsten finanziellen Aufwand
Ich denke, es bedarf keiner umfassenden Erläuterung, dass unter diesen Gesichtspunkten sowohl der Gesetzgeber, als auch die Krankenkassen, hier einen rein finanziellen Hintergrund als Grundlage ihres Handelns festgelegt haben. Das ist natürlich auch nachvollziehbar, letztendlich geht es immer „ums Geld“. Schlussendlich würde sich ja der Praxisinhaber „auf der anderen Seite“ sonst, wiegerade, nicht hinsetzen und „Zustandsbeschreibungen der Physiotherapie“ verfassen.
Jetzt betrachten wir einmal die Arbeitnehmerseite:
Ich postuliere:
Arbeitnehmer sind häufiger krank als ihr Chef oder die leitenden Mitarbeiter. In meiner Praxis auf jeden Fall. In den Praxen meiner engen Freunde ebenfalls. In den Firmen oder Unternehmen von anderen Freunden und bekannten ebenfalls.
Man kann natürlich gerne vermuten, dass die Arbeitsbelastung der Arbeitnehmer in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist. Viele arbeiten möglicherweise an ihrer persönlichen Belastungsgrenze. Ob dies aber ausschließlich den Bedingungen am Arbeitsplatz anzulasten ist, wage ich zumindest zu bezweifeln. Es ist aber festzustellen, dass wohl offensichtlich gerne ein paar Krankheitstage „genommen“ werden, um sich mal zu erholen. Aber mir fallen da noch weitere Beispiele ein, die mir in den letzten Jahren widerfahren sind:
Mitarbeiter kündigen, weil sie den Arbeitsplatz wechseln. Ihren Urlaub haben sie aber bereits aufgebraucht. Gerne wird man da mal von einer Grippe, Magenverstimmung, allgemeinem Unwohlsein oder sonstigen Unpässlichkeiten heimgesucht, die es einem unmöglich machen weiterhin zur Arbeit zu erscheinen.
Ein Mitarbeiter trainiert monatelang für eine Alpenüberquerung per Mountainbike. Im Sinne der Fitness sicher ein lobendes Ziel. Leider ist die Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit wohl aber eher etwas zu optimistisch. Die Folge war ein sog. Ermüdungsbruch der Mittelfußknochen mit anschließendem 6-wöchigen Krankenstand.
Worüber man eigentlich nur hinter vorgehaltener Hand spricht, weil ein heikles aber nicht unübliches Beispiel:
In familiären Ausnahmesituationen, egal ob eines fremdgehenden oder gewalttätigen Partners, schwere Erkrankung oder gar Tod eines nahen Angehörigen o.ä. - man geht zum Arzt und lässt sich krank schreiben. Ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht falsch verstanden werden. In solchen dramatischen Situationen gibt jeder Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer frei. Sofort und unbürokratisch. Bei uns werden Patienten umbestellt und gerne machen Kollegen auch aus Kompensationsgründen Überstunden. Früher ging man aber zur Unternehmensleitung und bat um Urlaub oder Freistellung um seine Probleme zu regeln. Heute zieht man „den gelben Schein“.
Die zu anführbaren Beispiele in dieser Hinsicht sind unzählig und vielfältig. Interessant ist nur, wie unkritisch wohl Krankmeldungen heutzutage ausgestellt werden. Viele Ärzte haben wohl manchmal eher im Blick unter dem herrschenden Termindruck dieses gegenübersitzende „Bild des Jammers“ so schnell wie möglich wieder aus der Praxis zu entfernen. Mit einer Krankmeldung geht das oft ganz schnell.
Es führt mich aber umgehend zu folgendem Schluss:
Arbeitnehmer bekommen ihr Gehalt 6 Wochen weitergezahlt, egal welche Erkrankung zugrunde liegt. Ein unternehmerisches Prinzip lautet: wo sich Möglichkeiten bieten, soll man sie nutzen. Hier erleben wir allerdings eine Abwandlung der vollkommen risikolosen Anwendung.
Wie steht es bei der Ärzteschaft?
Sie sind ja als „Verordner“ besonders im Visier der Krankenkassen, kassenärztlichen Vereinigungen, ihrer Patienten und natürlich auch uns „Leistungserbringern im physiotherapeutischen Bereich“.
Nun wissen wir alle, wie sehr die Ärzteschaft immer wieder an die Öffentlichkeit geht, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Inzwischen sind wir soweit, dass Arztpraxen geöffnet haben wie Schulen, anders gesagt, in den Ferien geschlossen sind. Es wird seitens vieler Ärzte glaubhaft versichert, dass man durch Budgetierungsregelungen ohnehin nicht mehr verdient, dann könne man auch zuhause bleiben.
Ich kann und will das nun ausschließlich aus meiner Sicht beleuchten.
Ich habe in 25 Jahren „im System“ alles kennengelernt, was man sich nur vorstellen kann.
Wunderbare, zugewandte Mediziner, die volle Praxen hatten; für jedes Mütterchen ein gutes Wort und für jedes Problem einen pragmatischen Ratschlag. Sie haben sich in der Hauptsache mit dem beschäftigt, was sie ursprünglich einmal zu ihrer Berufung geführt hat: Hilfe für kranke Menschen. Am Ende aber mussten sie feststellen, dass sich ihre Praxis nur trug, weil ihre Frau kostenlos mitarbeitete und die Putzfrau aus der näheren Verwandtschaft rekrutiert wurde. Sie waren am Ende ihrer Lebensarbeitszeit unwirtschaftlich geworden, weil sie sich mehr mit Medizin als mit betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, aufgezwungen von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, beschäftigt hatten.
Über viele Zwischennuancen hinweg gibt es außerdem viele Vertreter der Zunft, die sich von vornherein der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung ihrer Praxis verschrieben haben. Berater gehen in der Praxis ein und aus, die ihnen erklären – wenn sie nicht selbst drauf kommen – „wie man Medizin machen muss“, damit möglichst das betriebswirtschaftliche Ergebnis optimiert wird. Geben Sie bei Google den Begriff „Coaching für Ärzte“ ein, erhalten Sie 613.000 Treffer. Ein riesiger Markt entstand hier offensichtlich. Ein Bedarf den Ärzte geschaffen haben? Niedergelassene Ärzte befinden sich heute fast ausschließlich nur noch im betriebswirtschaftlichen Modus, sonst überlebt ihre Praxis nicht „am Gesundheitsmarkt“. Ich will weder das Eine gut heißen noch das Andere verurteilen. Das steht mir nicht zu. Ich will lediglich den Bogen zu einer optimierten physiotherapeutischen Versorgung schlagen.
„Schlagen“ ist hier der richtige Ansatz. Denn seit 2004 schlagen sich die Ärzte zusätzlich mit einem Heilmittelkatalog herum, den der Gesetzgeber im SGB V eben verankert hat (siehe oben). Die erste Frage, die sich aufdrängt: wieso wird weder in der Ausbildung der Arzthelferinnen, noch bei den Physiotherapeuten im Lehrplan darauf eingegangen?
60% der Verordnungen außerhalb unseres Standortes Germering sind falsch. Über die Fehlerquote innerhalb Germerings führen wir keine Statistik, wir sind aber nahezu täglich 2-3 Stunden in Arztpraxen unterwegs, um Korrekturen einzufordern. Der Einwand, dass dies nicht unser Job sei, ist hier aber unangebracht. Wenn es schon bei der ersten Ausstellung nicht richtig war, ist es ein sinnloses Unterfangen dem Patienten zu erklären was falsch ist, damit er es der Helferin erklärt, was sie ursprünglich falsch gemacht hat.
In diesen Fällen gibt es sehr kooperative Praxen, die geradezu froh sind, dass dieses komplizierte Regelwerk endlich mal einer erklärt. Es gibt aber auch absolut beratungsresistente, unkooperative Mitarbeiterinnen, die uns das Leben erst recht schwer machen, weil sie auf ihrem Standpunkt (oder dem ihres Chefs) bestehen. Schalten Sie dann eine Beratungsstelle der Kassenärztlichen Vereinigung ein, weil wir ja, würden wir das Rezept so annehmen, keine Erstattung dafür bekämen, werden in den folgenden Monaten unsere Patienten damit abgestraft, dass man keine Rezepte mehr ausstellt, weil es zu kompliziert sei.
Genug davon. Fakt ist jedenfalls, dass es ein streng reglementiertes Regelwerk gibt, nachdem Ärzte vorzugehen haben. Damit aber nicht genug. Obendrauf kommt noch ein „Deckel“ der KV, versehen mit einer Richtgröße, die zusätzliche Einschränkung bedeutet. Dann kommen auch noch Vertreter der KV in die Praxis und beraten den Arzt wie er am meisten „sparen“ kann, damit er nicht in die Gefahr eines „Regresses“ schlittert. Folge: die Vorgaben im Regelwerk kann man sich sparen, weil sie letztendlich von der KV nochmal reglementiert werden.
Wir haben erlebt, dass frisch operierte Patienten mit der Maßnahme 6 x Krankengymnastik „versorgt“ wurden, die dann ein adäquates Behandlungsergebnis bei einer Meniskus-OP zur Folge haben sollte. War das nach 6 Behandlungen nicht gegeben – was natürlich auch nicht anders zu erwarten war – wurde dem Patienten eine weitere Behandlung mit Hinweis auf die herrschende Budget-Regelung verwehrt.
Die gleiche OP bei einem Privatpatienten mündet meist in einer ersten Verordnung über
10 x Lymphdrainage, 10 x Krankengymnastik, 10 x Elektrotherapie, 10 x Kältetherapie
Selbstverständlich mit dem Hinweis: „Sollte dies nicht genügen, rufen Sie einfach an, wir verlängern das dann“. Kommt dieser Patient dann zu uns in die Praxis, ist das ja prima. Ein lebender Kompensationsmechanismus für unsere miserable „Kassenperformance“.
Aber: immer öfter kommt er nicht zu uns. Warum? Weil ärztliche Gemeinschaftspraxen sich bereits ihre eigene Physiotherapiepraxis, oder noch besser, ihr eigenes Reha-Zentrum geschaffen haben. Selbstverständlich findet man nur im Impressum, dass die Ärzte die Inhaber sind oder bestenfalls die Ehefrauen. Aber man überweist sich selbst die „Schmankerl“; die „Peanuts“ schickt man leidlich versorgt weiter. Selbstverständlich mit mehr oder weniger Nachdruck wird auf die enge Verzahnung zwischen Therapeuten und dem operierenden Arzt hingewiesen, was ja durchaus Sinn macht. In jeder Hinsicht.
§ 128 Abs. 2 SGB V regelt die unzulässige Zusammenarbeit zwischen Ärzten und anderen Leistungserbringern. Mit einer solchen kreativen (Gegen-) Lösung hatten die Verfasser wohl nicht gerechnet.
Aus Sicht der dort angestellten Kollegen ist das natürlich ein Paradies. Man bekommt mehr Zeit für den Patienten und natürlich ein deutlich höheres Salär. Betriebswirtschaftlich ist dies auch leicht zu erklären: der Privatpatient „brachte“ ca. 70 € für ca. 45 Minuten Therapie, während der andere Praxisbesitzer mit seinen „Peanuts“ gerade einmal bei ca. 31 Euro landet.
Hier herrschst seit Jahrzehnten die Gesetzmäßigkeit, dass der Arbeitgeber für 6 Wochen Lohnfortzahlung zu leisten hat. Die große Errungenschaft vor einigen Jahren war, dass man sich als Arbeitgeber durch eine zusätzliche Abgabe einen Teil des gezahlten Entgeltes wieder „zurückholen“ kann. Wenn man sich für den entsprechenden Beitrag entschließt, 60 bis 80 %.
Im Falle der häufigeren Erkrankung der Mitarbeiter hat man als Arbeitgeber unter gewissen Umständen noch die Möglichkeit dem Mitarbeiter zu kündigen. Die Arbeitsgerichte erfreuen sich einer Welle von zu prüfenden Rechtmäßigkeiten solcher Kündigungen.
Natürlich kann man auch den medizinischen Dienst bemühen (Vertrauensarzt) um sich zu vergewissern, dass man seinen sozialen Verpflichtungen als Arbeitgeber auch anspruchsgemäß nachkommen muss. Aber wer macht das schon wirklich. Größere Betriebe kalkulieren bereits mit weit mehr als den statistischen 10 Fehltagen wegen Krankheit pro Mitarbeiter.
Kleinere Betriebe beklagen eigentlich fast durchgehend massive krankheitsbedingte Ausfälle. Genehmigt ein Chef aus betrieblichen Gründen mal keinen Urlaub, meldet sich der Arbeitnehmer eben krank. Mir selbst wurde das bereits in einem Mitarbeitergespräch so angetragen. Stress gehabt am Wochenende, oder noch besser, „vielleicht habe ich Stress am Wochenende“ – Montag und Freitag sind gerne „genommene“ Tage.
Kurz und gut: nach meiner Auffassung ist der Arbeitgeber der einzige Beteiligte, der sich wirklich wünscht, das sein erkrankter Mitarbeiter so schnell wie möglich wieder zum Einsatz kommt. Dabei fällt mir sofort das "Umknicktrauma" am Sprunggelenk des Freizeitkickers am Wochenende ein.
Dieser greift am Montag zum Telefon und ruft seinen Orthopäden an. Er braucht einen Termin; für einen Kassenpatienten: Donnerstag. Er ist ungehalten ob seiner Schmerzen, meckert und hat Glück: er wird am Montag, mit viel Wartezeit selbstverständlich, einbestellt.
Was folgt, ist Pech, denn der behandelnde Arzt „diagnostiziert“ nur aus 40 cm Entfernung sein Sprunggelenk und sieht mit sicherem Blick: “ ...umgeknickt, das tut 14 Tage weh, kann man aber nichts machen. Holen Sie sich eine Salbe. Hier haben Sie ein Rezept, holen Sie sich eine Schiene beim Orthopädiehändler im Erdgeschoß, und legen zuhause ein Eis drauf. Hier haben Sie eine Krankschreibung für eine Woche. Danach kommen Sie wieder, ich verschreibe Ihnen dann einen Gummistrumpf.“
Leider war aber eine weiterführende, bildgebende Diagnostik, aus Budgetgründen nicht gemacht worden. Nach 14 Tagen brachte diese nachgeholte Untersuchung, weil nur eine unzureichende Besserung eintrat, dann aber ein komplett und ein teilabgerissenes Außenband zutage.
Das schlechte Gewissen nötigte dann wohl den Arzt zu einer Verordnung von 6 x Krankengymnastik. Der Versuch den inzwischen manifestierten Bluterguss in 120 min Physiotherapie adäquat zu behandeln scheiterte. Die
Stabilität wird wohl auch so schnell nicht wieder hergestellt werden können. Allerdings sind mehr Behandlungen, aus den gleichen Gründen wie bereits oben erwähnt, auch nicht möglich. In dem Fall muss jeder selbst schauen wie er zurecht kommt; als Arbeitgeber genauso wie als Arbeitnehmer.
Da war doch Jogi Löw richtig froh. Seine Nationalspieler wurden während der WM nicht wie Kassenpatienten behandelt. Oder glaubt jemand daran, dass Samy Khedira wegen seiner Verletzung von Klaus Eder 2 x 20 min in der Woche behandelt wurde und deshalb so schnell wieder fit war? Nur kein Aufschrei: mir ist klar, dass diese Situationen schlecht vergleichbar sind.
Was ist aber nun das Resümee? Wer hat denn nun Interesse daran, dass der Arbeitnehmer schnell wieder gesund wird und wieder arbeiten kann.
Die Krankenkasse:
Nein, hier stehen wirtschaftliche, ausreichende und zweckmäßige (Be)-Handlungen im Vordergrund. Darauf bezieht man sich gerne, denn das ist ja Gesetz. Die Menschen mit denen ich ab und an bei den Krankenkassen telefoniere, sind da immer „bei mir“, aber sie haben halt ihre Vorgaben. Nach 6 Wochen sind die meisten Erkrankungen auskuriert, und es hat die Krankenkasse nichts/wenig gekostet. Geld für Schulungen bzgl. des Heilmittelkataloges haben sie auch nicht. Reihenweise bekommen Patienten falsche Auskünfte und stehen anschließend in unserer Praxis, weil wir bei unserer Kontrolle ein Problem mit der Verordnung entdeckten. Die dann erbost angerufene Kassenmitarbeiterin kann sich das aber nicht erklären. „Wenn es der Arzt verordnet, bezahlen wir das auch“, so der Tenor. Lächerlich.
Die Ärzte:
Nein, sie sind gefangen in einem Netz aus Budget, Richtgrößen, Heilmittelkatalog und wirtschaftlichen Erwägungen. Eine Schiene geht nicht auf Budget, Behandlungen schon, Voltaren kostet inzwischen nur noch 5 €. Warum sollte er es sich auch antun, für ein Regressgespräch an einem Mittwochnachmittag, ca. 3 Jahre nach der Verordnung, in der KV zu erscheinen um dann mit einem Kollegen über die Notwendigkeit von Physiotherapie zu streiten.
Die Politik:
Nein, ich kann mich dunkel an eine Bundestagsdebatte erinnern in der ein Bundestagsmitglied ganz klar zum Ausdruck brachte: Je weniger Leistungserbringer, desto weniger Kosten. Auch eine Strategie. (zugegeben, dies liegt schon Jahre
???© Bernd Weiß, Physiotherapie, Landsberger Str. 23, 82110 Germering
zurück). Im Internet finden Sie massenhaft Beiträge in regionalen Zeitungen, oder gar Fernsehberichten, in denen die Politik eingebunden ist. Geben Sie „wirtschaftliche Probleme Physiotherapie“ in Google ein, kommen 434.000 Ergebnisse. Obenan stehen Berichte der „Zeit“, Treffer mit „Existenzgefährdung“ und nicht zuletzt „Selbstausbeuter an der Massagebank“.
Die Arbeitgeber:
ein ganz klares Ja:
Ich kann mir eigentlich seit Jahren nicht erklären, warum das so von der Mehrzahl der Arbeitgeber hingenommen wird. Annähernd 10 % der Lohnkosten, denn die trägt schließlich der Arbeitgeber bei seiner hälftigen Beteiligung an den Krankenkassenbeiträgen, reichen im Fall des Falles nur für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Behandlung? Der Mitarbeiter wird „krank“ geschrieben und bekommt in der Woche evtl. 2 x 20 min Krankengymnastik? Kälte oder Wärme soll er sich dann selbst machen, zusätzliche physikalische Therapie ist nicht verordenbar, weil der Katalog es nicht hergibt? Wer erwartet denn allen Ernstes damit eine wesentliche und schnelle Besserung? Zumindest bei den Berufsgenossenschaften gibt es hier positive Abweichungen von dieser Regel. Ist es also ein Glück, wenn man heutzutage einen Arbeitsunfall hat? Wir haben inzwischen für alles Zahlen und Statistiken, aber es wäre sehr interessant zu erfahren, welches volkswirtschaftliche Plus eine schnellere und umfangreichere Behandlung generieren würde.
Ich kann mich ebenfalls nicht mit dem Gedanken anfreunden welches therapeutische Potential durch budgetäre Erwägungen eigentlich brach liegt. Zusätzliche Physikalische Therapie nimmt einen großen Teil des Lehrplanes für Physiotherapie ein. Diese ergänzenden Leistungen können aber nur absolut limitiert eingesetzt werden, weil der Heilmittelkatalog dies nicht erlaubt. Aber ich habe doch vor 20 Jahren gelernt und gesehen, welche Erfolge man mit einer umfassenden physikalischen Zusatztherapie, kombiniert mit einer zielführenden physiotherapeutischen Intervention erzielen kann. Ich habe nicht 3 Wochen gebraucht um ein umgeknicktes Sprunggelenk wieder einigermaßen belastbar zu bekommen. Allerdings hat mein ehemaliger Chef (er war im Übrigen Leiter der Sportphysiotherapeutenausbildung im DSB) auch seinen „normalen“ Patienten am Anfang der Therapie Lymphdrainage, Elektrotherapie und Eis verordnet, um anschließend mit Krankengymnastik / Manueller Therapie und wiederum ergänzender physikalischer Therapie möglichst großen Einfluss auf die Genesung zu haben. Heute soll ich dies (wenn der Patient Glück hat und eine Verordnung bekommt) mit 6x Krankengymnastik, aber max. 2 x wöchentlich hinbekommen.
An dieser Stelle akzeptiere ich auch nicht das Schlagwort der letzten Jahre: evidenzbasiert. Ich kenne massenhaft Arztpraxen, die zusätzliche physikalische Abteilungen betreiben und ausschließlich Fango und Elektrotherapie, Elektrotherapie und Eis oder ähnliches abgeben. Oftmals gipfelt die „therapeutische Intervention“ noch in einem „Rüttelbett“, welches mit einem handelsüblichen Föhn als Wärmespender betrieben wird. Evidenzbasiert gilt nur für Physiotherapeuten, oder wie? Ich frage mich warum diese Therapieformen einen Platz im Lehrplan gefunden haben, wenn sie dann nur sehr eingeschränkt eingesetzt werden können. Gelten diese „Optimierungen“ nur für Leistungssportler?
Manchmal wünschte ich mir, man gäbe die Zusatzleistungen einfach frei. Zahle den Physiotherapeuten einfach ein anständiges Salär pro Behandlung, und ließe sie einfach „machen“. Dann entscheidet innerhalb kürzester Zeit der Patient in welche Praxis er geht; oder der Arbeitgeber entscheidet, in welche Praxis er seine Arbeitnehmer schickt, damit sie schnell wieder „auf der Matte“ stehen. Es wird sich am Markt sehr schnell herumsprechen, welche Physiotherapeuten einen “schnell wieder fit“ bekommen. Dann könnte ich auch wieder mein Elektrotherapiegerät einsetzen, in welches ich 4.000 € investiert habe. Den Wegfall der nahezu sensationellen Erstattung von 4,30 € pro Behandlung könnte ich dann auch noch verschmerzen.
Ein Lösungsansatz ist sicher unpopulär:
Die Abschaffung der 6-wöchigen Gehaltsfortzahlung, stattdessen bekommt jeder Arbeitnehmer den entsprechenden „Versicherungsbetrag“ der Arbeitgeber ausgezahlt und versichert seine Gehaltfortzahlung selbst. So wie es auch jeder Selbstständige tun muss. Bei Risikosportarten steigt dann der Beitrag. So hat jeder Arbeitnehmer ein wunderbares Steuerungselement selbst in der Hand.
Für die Arbeitgeber fällt ein wesentliches Risiko weg. In meinem Fall würde ich sogar einen weiteren Arbeitsplatz schaffen, denn dieser wäre dann leicht finanzierbar.
Weiterhin könnten Arbeitgeber auch Zusatzleistungen wie Beihilfen zu Behandlungen in ihren Arbeitsverträgen verankern, um ein möglichst optimales Behandlungsergebnis (für o.a. Beispiel) zu erzielen. Auch wäre dann vorteilhaft, wenn man dafür nicht 7% Mehrwertsteuer abführen müsste. Wir sind schließlich nicht im Einzelhandel.
Zusätzliche Fragen und Ideen:
Abbau des Bürokratiewahns im Gesundheitswesen. Wer kann mir sagen wieviel die Überwachung eines bürokratischen Monsters, wie dem Heilmittelkatalog, überhaupt kostet? Wäre dieses Geld im System hatten wir möglicherweise kein Budgetproblem?!
Ich kann mich noch erinnern, dass in „Tarif- und Besoldungsverträgen“ Ortszuschläge die unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen widerspiegelten. In Gebieten Deutschlands in denen 5 €/qm Miete vorherrschen und den Physiotherapeuten 1.000 € brutto für einen Vollzeitjob gezahlt werden, erstatten die Krankenkassen genau den gleichen Betrag wie in Ballungsgebiete mit 16 €/qm Mietzins und erheblich höheren Lebenshaltungskosten.
Wer fühlt sich berufen hier einmal einzuschreiten?
Berufsverbände (aber auch private Träger) erzielen mit Ausbildungen für Zertifikatspositionen, die es nur in Deutschland gibt, wesentliche Umsätze. Dies ist aus meiner Sicht ein Interessenskonflikt. Man muss die Ausbildung bereits von vornherein auf ein entsprechendes Niveau stellen. Andere Länder schaffen das ja auch.
Gleichwohl sollte die Entlohnung der Leistungserbringer nach ihrer Qualifikation, dann aber auch adäquat, erfolgen. Die Erfüllung einer Zertifikatsposition einer 22- jährigen Physiotherapeutin ist nicht das Gleiche wie 22 Jahre Berufserfahrung mit dieser Ausbildung. In Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes wird dies abgebildet. In den Krankenhäusern erhalten Physiotherapeuten mit Bachelorabschluss über diese Tätigkeitsmerkmale bessere Vergütungen. Andererseits ist es in meiner Praxis völlig egal, ob eine Krankengymnastin kurz nach ihrem Abschluss die Behandlung macht oder ein Physiotherapeut mit mehreren Weiterbildungen und vielen Jahren Berufserfahrung. Warum wird das nicht bei den Vergütungen der Krankenkassen anerkannt? Ist es ihnen möglicherweise egal? Wahrscheinlich schon, denn eine zweckmäßige, wirtschaftliche und ausreichende Behandlung bekommt auch ein Therapeut hin, der beispielsweise nur knapp das Examen bestanden hat. Ist dies Gleichbehandlung der Leistungserbringer: Warum werden in den physiotherapeutischen Behandlungseinheiten der Kliniken und Reha-Zentren nicht die gleichen Maßstäbe angesetzt wie in den freien Praxen? Dort dürfen Behandler ohne Zusatzqualifikation oftmals Behandlungen ausführen, die, wenn ich mich ebenso verhalten würde, meine Zulassung gefährden würden. Niemand kontrolliert das.
Meine Praxis wird nach den aktuellen rechtlichen Grundsätzen geführt. Ich mache mich aber in jeder Diskussion lächerlich, wenn ich dies auch so kommuniziere. Es gibt massenhaft Praxen, die sich nicht um Fristen, Unterbrechungen und sonstige Regularien scheren. Trotzdem passiert hier seit Jahren nichts. Ich möchte hier definitiv niemanden „anschwärzen“, aber wo bleiben die Konsequenzen. Wenn man solche Regeln aufstellt, muss man sie auch überwachen.
Andererseits, wo liegt eigentlich das Problem, wenn ein Patient statt nach 14 erst nach 15 Tagen wieder in die Praxis kommt? Die Leistung wird weder billiger noch teurer. Ein anderes Datum hier einzutragen, ist auf jeden Fall einfacher als einen gewaltigen Änderungs- und Begründungsakt einzuleiten. Eigentlich Unsinn, denn je länger ein „Rezept dauert“ umso später geht der Patient evtl. wieder zum Arzt.
Fakt ist jedenfalls, dass seit Jahren in Internetforen, Medien wie dem Focus, oder auch in verschiedenen Fernsehsendungen diese Problematiken thematisiert werden. Aber ebenfalls ohne Konsequenzen. Unsere Berufsverbände schlagen inzwischen durchgängig die Akademisierung unseres Berufes vor. Das wird doch aber nicht das Problem der Vergütung lösen. Ein allseits geschätzter Prof. Neubauer erhebt betriebswirtschaftliche Daten um nachzuweisen, dass Physiotherapiepraxen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Da braucht man keine Studie, sondern nur einfachste Mathematik.
Für die Uniklinik Mainz wurde in einer Fachzeitschrift eine Berechnung veröffentlicht aus der hervorgeht, dass die Klinik im Jahr pro Physiotherapeut ein Minus von ca. 8.000 € einfährt. Trotzdem stellt man aber den Trend fest, dass sich sogar Kliniken für ambulante Patienten öffnen und somit wiederum den Niedergelassenen die Patienten „wegnehmen“. Ein Treppenwitz ist geradezu das Verhalten der Berufsgenossenschaft. In Murnau z. B. werden bei den Physiotherapeuten, wie überall anders auch, erkleckliche Beträge eingefordert. Die Klinik übernimmt aber immer mehr die Behandlungen auch ambulanter Patienten aus der Umgebung und schwächt somit die Ertragslage der Zwangsmitglieder aus dem nahen Umfeld.
??unser Niveau der Physiotherapie in Deutschland?
?Offensichtlich, denn niemand wehrt sich wirklich gegen diese Umstände.
Ein anderer Trend drängt sich ebenfalls immer mehr in den Vordergrund. Physiotherapiepraxen unterscheiden bei der Terminvergabe nach wirtschaftlichen Erwägungen. Das ist einerseits nicht verwunderlich, angesichts der Tatsache, dass ein privatversicherter Patient mit 80 € pro Stunde kalkuliert werden kann, ein gesetzlich Versicherter aber lediglich mit 46 €. Aber, wie bereits erwähnt, 15,45 € für die Behandlung eines frisch operierten Kniegelenkes erscheinen nicht sehr „attraktiv“. Daraus resultiert aber inzwischen teilweise ein Verhalten wie in manchen Arztpraxen: Kassenpatienten warten ewig auf ihren Termin. Wir hatten sogar schon Patienten, die zu uns kamen, weil sie in anderen Praxen mit den Worten: „Ohne Zusatzleistungen behandeln wir Sie nur, wenn Sie was draufzahlen“ weggeschickt wurden.
Die schwächsten aller Patienten, nämlich diejenigen, die auf einen Hausbesuch angewiesen sind, telefonieren teilweise mit 5 Praxen und „betteln“ um einen solchen Besuch. Manchmal weicht man sogar auf einen 5 km entfernten Nachbarort aus, um einen Physiotherapeuten für einen Schlaganfallpatienten zu bekommen. Da hatten die Verhandlungsführer der Krankenkassen vor Jahren eine geniale Idee. Sie strichen einfach die Kilometerabrechnung und ersetzen sie durch eine Pauschale von 10,90 €. Für Hinfahrt und Rückfahrt, die möglicherweise 20 – 25 min dauert. Rein rechtlich muss der Praxisinhaber natürlich das Fahrzeug stellen. Wen wundert es da noch wirklich, dass der Kollege keine Kapazität hat?
Vertreter der Krankenkassen wissen das; vor über 10 Jahren hat der Bundesminister des Inneren sogar die Beihilfen für seine Beamten de facto eingefroren; Berufsverbände wissen um dieses Vorgehen; Patientenvertreter kennen solche Beschwerden. Privatkassen versuchen aber auch schon seit Jahren am Markt oftmals eine Preissenkung durchzudrücken.
Massenhaft gibt es dazu Veröffentlichungen:
Physiotherapeuten: Selbstausbeuter an der Massagebank | Karriere | ZEIT ONLINE
[kaputter Link]- Physiotherapeuten#/beitrag/video/1647774/Buerokratenwahn-beim-Physiotherapeuten
[kaputter Link]- zukunft-1.623264
[kaputter Link]- Druck;art2388,1999742
...das ist der sensationellste Ansatz: Outsourcing
Es passiert: NICHTS
Manchmal muss man sich fragen: was würde passieren, wenn es in Deutschland nur noch eine Gesundheitsversorgung gäbe - Keine Gemeindeunfallversicherung, keine Berufsgenossenschaften, keine BfA, keine LVA, keine Ersatzkassen, keine RVO- Kassen, etc.. Wäre dann genügend Geld „im System“ für eine gerechte Vergütung?
Ich fasse also zusammen:
In viele Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen werden entweder Praktikanten oder Physiotherapeuten ohne Zusatzqualifikation, eingesetzt um Behandlungen durchzuführen, die in der freien Praxis nur mit entsprechenden Zusatzausbildungen gemacht werden dürfen. Der niedergelassene Physiotherapeut riskiert im gleichen Falle seine Zulassung und macht sich strafbar. Größtes Problem aber: prangert man dies an, gerät man in Gefahr als „Nestbeschmutzer“ tituliert zu werden. Die Lehreinrichtungen sind froh, Praktikantenstellen überhaupt anbieten zu können; mancher Lehrer der Einrichtung betreibt selbst eine Praxis mit diesen Praktikanten, die Krankenhäuser sparen sich Arbeitskräfte und somit Lohnkosten. Aber es ist und bleibt ein „Abrechnungsproblem“.
Die Verwaltungsaufgaben der Physiotherapeuten werden ständig erweitert, ohne dass diese Arbeiten finanziell abgebildet werden. Dies geht immer zu Lasten der Behandlungszeit der Patienten.
Es ist Ärzten offensichtlich erlaubt, eigene Reha-Zentren oder Praxen zu gründen, um sich dann ihre eigenen Patienten zuzuweisen. Es scheint sowohl den gesetzlichen Krankenversicherungen, als auch den privaten Versicherern, nichts anderes möglich zu sein, als hier nur zuzusehen.
Krankenhäuser jedweder Trägerschaft sollten sich auf die Durchführung von stationären Behandlungen konzentrieren. Die Eröffnung von ambulanten Therapieeinrichtungen widerspricht dieser ursprünglichen Aufgabe.
Ausufernde bürokratische Regelungen des Gesetzgebers und der Kassenärztlichen Vereinigungen provozieren Kontrollvorgänge, die immense Summen verschlingen. Physiotherapeuten müssen Verordnungen der Ärzte auf „Verwaltungskonformität“ prüfen, obwohl z.B. die AOK Bayern ca. 200 Praxisverwaltungsprogramme als zerti- fiziert meldet (AOK-Bundesverband - Presse - AOK-Medienservice - ams-Politik 07/11 - Zahl des Monats: Software-Systeme für Arztpraxen). Auch nur geringste Abweichungen in Form von Buchstaben, Zahlen oder Terminologie werden teilweise mit der Absetzung der gesamten erbrachten Leistung geahndet.
Das muss ein Ende haben.
Budgetregelungen bzw. anderweitige Vorgaben von KVen oder auch eigene praxisinterne Vorgehensweisen gefährden oftmals einen früheren Behandlungserfolg (wenn überhaupt ein solcher stattfindet) und provozieren somit nicht unwesentliche volkswirtschaftliche Schäden bei Arbeitgebern.
Regionale Gegebenheiten bleiben im Vergütungssystem der gesetzlichen Krankenkassen vollkommen unbewertet. Im Besoldungssystem der Mitarbeiter der Krankenkassen wird dies sehr wohl berücksichtigt.
Die Tendenz zu Privatpraxen im physiotherapeutischen Bereich führt zum Einen zu einer Wettbewerbsverzerrung, zum Anderen aber auch zu einer weiteren Kostenexplosion bei den Privaten Krankenversicherungen, da offensichtlich alle Möglichkeiten des Systems ausgenutzt werden.
6 Wochen Gehaltsfortzahlung bei Befindlichkeitsstörungen, Betrachtung von Schwangerschaft als Krankheit, Zusatzurlaub auf „gelben Schein“ –Hier sollte evtl. ein Umdenken stattfinden. Arbeitnehmern sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich gegen ein solches „Unbill“ selbst zu versichern, oder eben auch nicht. Die Arbeitgeber werden gerne ihren finanziellen Teil dazu beitragen.
Wettbewerb führt zwangsläufig zu Werbung. Gerne auch unter den Krankenkassen. Aber wenn sie gesetzlichen Regelungen und Leistungsverpflichtungen unterliegen, dann muss man auch einmal ganz klar sagen: ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich. Das muss dann aber auch beiden Vertragspartnern zugestanden werden. 15,40 € incl. aller Nebenleistungen sind auf keinen Fall wirtschaftlich, sondern nahe der Ausbeutung. Bei einem Gewinn von 20 % vor Steuern, bedeutet das bei einem Stundenlohn von 46,20 € einen Bruttogewinn von 9,24 €. Eine gewisse Nähe zum Mindestlohn ist da doch erkennbar...
Eines blieb aber bei den ganzen Ausführungen bisher unberücksichtigt: eine vollkommen vernachlässigte moralische Seite.
Es gab vor einigen Tagen im Bayrischen Rundfunk einen Bericht über Physiotherapeuten, die Ihre Patienten „abzocken“
Der Hintergrund: In bestimmten Physiotherapiepraxen verlangen Kollegen eine, oftmals nicht unerhebliche, Zuzahlung zum Kassenrezept. Auch ich kenne solche Praxen. Ebenso kenne ich Praxen, die Patienten mit einer Verordnung über Lymphdrainage, oder Krankengymnastik ohne Zusatzleistungen, wegen Unwirtschaftlichkeit ablehnen.
Natürlich kann ich auch den Argumenten solcher Kollegen folgen, die die Unwirtschaftlichkeit solcher Verordnungen beklagen.
Hier trifft aber die Krankenkassen, die durch ihre Verhandlungstaktik in den letzten Jahren eine gesunde Preisentwicklung verhindert haben, eine gehörige Mitschuld.
Für meine Person steht aber fest: bevor ich irgend ein Mütterchen zu einer Zuzahlung „nötige“, nur um von mir wirtschaftlich „behandelt“ zu werden, gebe ich meine Kassenzulassung zurück. Das aber sicher mit dem nötigen „großem Brimborium“. Denn ich bin nicht Physiotherapeut (mit Kassenzulassung) geworden um mich ausschließlich wirtschaftlich zu orientieren. Auch bin ich nicht Physiotherapeut geworden um mir ständig anzuhören ich müssen, dass ich auf dem sogenannten 2. Gesundheitsmarkt nach neuen Einnahmequellen suchen muss, um meine Praxis wirtschaftlich zu betreiben.
Ich erwarte von meinem Vertragspartner zumindest eine solche Vergütung die es mir erlaubt meine Praxis wirtschaftlich zu führen. Das ist aber auf der Basis der Erstattungen der gesetzlichen Krankenversicherungen definitiv nicht möglich. Zumindest nicht, wenn man es „anständig“ machen will.
Du zählst hier in einem unfaßbar langen Schreiben alle Probleme und Mißstände auf, die jeder PI im Schlaf kennt.
Wozu soll das gut sein und wem soll das nützen? Erschließt sich mir nicht und deswegen habe ich auch nicht mehr weiter gelesen.
Aber vielleicht kannst du mich aufklären, was genau du bezwecken wolltest.
Gruß Britt
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Britt schrieb:
Du hast ja völlig Recht, aber ganz ehrlich, mir war es bei der Hälfte deiner ellenlangen Ausführung zu langweilig weiter zu lesen.
Du zählst hier in einem unfaßbar langen Schreiben alle Probleme und Mißstände auf, die jeder PI im Schlaf kennt.
Wozu soll das gut sein und wem soll das nützen? Erschließt sich mir nicht und deswegen habe ich auch nicht mehr weiter gelesen.
Aber vielleicht kannst du mich aufklären, was genau du bezwecken wolltest.
Gruß Britt
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Britt schrieb:
Ich habe gerade nochmal kurz in deinen Beitrag geschaut und da hast du zu Beginn geschrieben, dass du das an verschiedene Institutionen geschickt hast. Ich hoffe, du meinst damit nicht die ganzen, ellenlangen Ausführungen. So etwas liest kein Mensch und das kann ich auch sehr gut verstehen.
Gruß Britt
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Tempelritter schrieb:
Das muss kurz und knackig sein, der Rest ergibt sich in Folgegesprächen mit der Politik usw.
Betroffenheit ist angesagt.
Vor allem bei all denen, die immer noch an eine existente Standesvertretung glauben.
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mocca schrieb:
hallo Britt,
Betroffenheit ist angesagt.
Vor allem bei all denen, die immer noch an eine existente Standesvertretung glauben.
was haben denn die Gespräche mit der Politik seit "Gesamtdeutschland" ergeben?
Wer hat diese Gespräche geführt, bzw. wer soll sie jetzt legitimiert führen?
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mocca schrieb:
hallo Tempelritter,
was haben denn die Gespräche mit der Politik seit "Gesamtdeutschland" ergeben?
Wer hat diese Gespräche geführt, bzw. wer soll sie jetzt legitimiert führen?
Ich werde auch mitmachen.
Aber ich habe eine Bitte an euch. Bringt doch bitte auch mal das Thema Regresse und Budgetierung und die daraus resultierende Unterversorgung die es in vielen Regionen schon gibt zum Ausdruck falls ihr einen Brief schreibt. Und nicht immer nur die Forderung nach mehr Geld. Natürlich ist das auch ein Thema. Aber wir sollten vor allem dafür eintreten, dass wir nicht langsam abgeschaft werden. In vielen Regionen wird kaum noch verordnet.
Danke.
Calipso
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Calipso schrieb:
Ups, jetzt hab ichs aus versehen dreimal veröffentlicht, liegt an meinem Rechner, sorry vielmals.
Ich werde auch mitmachen.
Aber ich habe eine Bitte an euch. Bringt doch bitte auch mal das Thema Regresse und Budgetierung und die daraus resultierende Unterversorgung die es in vielen Regionen schon gibt zum Ausdruck falls ihr einen Brief schreibt. Und nicht immer nur die Forderung nach mehr Geld. Natürlich ist das auch ein Thema. Aber wir sollten vor allem dafür eintreten, dass wir nicht langsam abgeschaft werden. In vielen Regionen wird kaum noch verordnet.
Danke.
Calipso
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Problem beschreiben
dhammann1 schrieb:
Jo, schon ausgefüllt und abgeschickt :blush:
Aber ich drücke dem BvT die Daumen.
MfG
JürgenK :kissing_closed_eyes:
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Problem beschreiben
JürgenK schrieb:
...vor vielen Jahren hatten wir schon einmal so eine Aktion mit Schreiben an...., die Resonanz damals waren Standartantworten die irgendwer, aber nicht der Abgeordnete selber, geschrieben hatte. Auch wenn, wie ich detaillierte Fragen gestellt hatte...es kam diese "Standartantwort", ohne auf meinen Inhalt eingegangen zu sein.
Aber ich drücke dem BvT die Daumen.
MfG
JürgenK :kissing_closed_eyes:
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Problem beschreiben
morpheus-06 schrieb:
das gab es schon einmal von den FT, war eine gute Idee die aber gründlich schiefgegangen ist. Ich hoffe der BvT hat aus diesen Fehlern gelernt und macht es besser!
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