News - Wir hams ja oder viel hilft viel?

Wir hams ja oder viel hilft viel?

Unnötige Operationen, teure Diagnostik und Medikamente hierzulande auf der Tagesordnung.

12.10.2011 • 0 Kommentare

Auf der Schwelle zu einer individualisierten Medizin steigen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in ungeahnte Höhen. Der schon vom früheren Präsidenten der Bundesärztekammer, Jörg Dietrich Hoppe, angemahnten und von der Politik konsequent verweigerten Priorisierungsdebatte muss sich die Gesellschaft eines Tages zwangsläufig stellen. Vor diesem Hintergrund erscheint es grotesk, dass die Krankenkassen Behandlungen finanzieren, die nicht nur teuer, sondern auch nutzlos sind und den Patienten schaden. "Es ist paradox, dass wir einerseits in Europa und darüber hinaus über die Grenzen der Finanzierbarkeit unserer Gesundheitssysteme diskutieren, und andererseits zunehmend mit dem Phänomen Überbehandlung konfrontiert sind, das seinerseits wieder ökonomische Gründe hat", kritisierte der Präsident des European Health Forum Gastein (EHFG) Günther Leiner.

Überall in Europa seien unnötige Behandlungen ein dringliches Problem, sagte Leiner gegenüber Pressevertretern in Brüssel. In diesem Zusammenhang müssten besonders die vielen unnötigen Operationen beachtet werden. So seien beispielsweise vier von fünf Rückenoperationen überflüssig, wie eine Untersuchung der Techniker Krankenkasse zeigt.

Beindruckend sind auch die Vergleichsdaten zu verschiedenen Eingriffen in den europäischen Staaten. Hüftendoprothesen wurden hierzulande im vergangenen Jahr 289 Mal pro 100.000 Einwohner durchgeführt, 243 Mal in Österreich, 39 Mal in Polen und lediglich 15 Mal in Zypern. Auch deutsche Knie landen auffallend häufig unter dem Messer, nämlich 206 Mal. Rumänische Doktoren treffen pro 100.000 Landsleute nur fünf Knie im OP. "Es ist schwer vorstellbar, dass sich derart große Unterschiede medizinisch erklären lassen", bemerkt Versorgungsforscher Günther Leiner. Ähnliche Beobachtungen lassen sich im Bereich der teuren bildgebenden Diagnostik, der Magnetresonanztomographie (MRT) etwa oder auch beim Medikamentenkonsum machen.

Peter Appuhn
physio.de

Karlsruhe

Das könnte Sie auch interessieren