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Verordnungsturbo oder Streichkonzert?

KBV entwirft neuen Heilmittelkatalog - evidenzbasiert. Unterversorgung beseitigen. Operationen vermeiden.

30.09.2011 • 0 Kommentare

Einer Black Box gleicht die Heilmittelversorgung, klagen die Autoren des Heil- und Hilfsmittelreports der Barmer GEK seit Jahr und Tag. Es fehlten Studien zur Wirksamkeit der Therapien. Dies führe zu Über-, Unter- oder Fehlversorgung. Bei der Vorstellung des aktuellen Reports verwies Barmer-GEK-Vize Rolf-Ulrich Schlenker auf zu häufige Operationen und zu hohen Medikamentenkonsum bei Harninkontinenz und Arthrosen (wir berichteten). Physiotherapie sei günstiger und wirkungsvoller, gleichwohl würden Heilmittel deutlich weniger verordnet. Professor Glaeske, Chef des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen, berichtete über falsch gesetzte Vorgaben im Heilmittelkatalog - bei der Elektro-, Wärme- und Kältetherapie beispielsweise. "Deshalb muss der Gemeinsame Bundesausschuss den Heilmittelkatalog evidenzbasiert überarbeiten", forderte der Sozialwissenschaftler und Pharmakologe. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat den Ball aufgegriffen. Vorstand Carl-Heinz Müller kündigte jetzt eine Überarbeitung des Katalogs an.

Der Allgemeinmediziner begrüßte den Vorstoß der Ersatzkasse und der Bremer Wissenschaftler und verspricht einen "komplett revidierten und schlanken Entwurf eines auf den Erkenntnissen der evidenzbasierten Medizin beruhenden Heilmittelkatalogs". Damit könnten die Unterversorgung beseitigt und Einsparungen durch eine Verbesserung der Patientenversorgung erreicht werden. Wie die Reportautoren fordert die KBV "mehr Heilmittel zur Verfügung zu stellen, um die aus dem Bericht hervorgehende Unterversorgung vieler chronisch Kranker mit Heilmitteln zu beseitigen sowie um operative, den Patienten belastende Eingriffe zu vermeiden". Gleichzeitig müssten unwirksame Heilmittel aus dem Katalog gestrichen werden, sagte der KBV-Chef.

Änderungen des Heilmittelkatalogs fallen in den Zuständigkeitsbereich des Unterausschusses Veranlasste Leistungen des Gemeinsamen Bundesausschusses. Dort sitzen Vertreter der Ärzte, der Krankenkassen und künftig auch der Zahnärzte. Die Heilmittelberufe können den Entwurf einer Neufassung kommentieren. Sie haben jedoch keine Entscheidungs- oder Mitbestimmungsmacht.

Peter Appuhn
physio.de

Rhein-Neckar-Kreis / Mauer

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