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Obwohl zahlreiche Studien die Existenz von Gedächtnisreaktivierungen im Tiefschlaf auf neuronaler Ebene belegen, war bislang vollkommen unklar, ob die Reaktivierungen tatsächlich eine kausale Rolle für die Gedächtnisbildung im Schlaf spielen. In der aktuellen Studie zeigen Rasch, Gais, Born und Büchel erstmals, dass die Reaktivierung von Gedächtnisinhalten im Tiefschlaf - ausgelöst durch die Präsentation eines mit den Lerninhalten assoziierten Duftes während des Schlafs - in der Tat zu einer verbesserten Speicherung und zu einer gesteigerten Erinnerung nach dem Schlaf führt.
Düfte sind für die Untersuchung dieser Fragestellung besonders geeignet, da sie (a) ein bemerkenswert hohes Potential aufweisen, Erinnerungen hervorzurufen, und (b) so gut wie keinen störenden Einfluss auf den Schlaf haben.
In der Untersuchung lernten 18 gesunde männliche und weibliche Probanden die Orte von Bilderpaaren in einer computer-basierten Variante des bekannten Memory-Spiels. Gleichzeitig wurde ihnen während des Lernens der Kartenpaare ein Rosenduft dargeboten und so der Duft mit dem Memory-Spiel verknüpft. Nach dem Lernen durften die Probanden schlafen. In der darauffolgenden Nacht wurde den Probanden während des Tiefschlafs erneut Rosenduft dargeboten. In einer Kontrollbedingung wurde dagegen während der dem Lernen folgenden Nacht nur eine geruchslose Trägersubstanz dargeboten.
Nach der Stimulation mit Rosenduft im Tiefschlaf erinnerten die Probanden deutlich mehr Bilderpaare (nämlich 97% der am Abend zuvor gelernten) als nach der Nacht ohne Duft (86% der gelernten Bilderpaare). Entscheidend für diese verstärkende Wirkung des Duftes auf die Gedächtnisbildung im Schlaf war die Verknüpfung des Duftes mit den Lerninhalten des Memory-Spiels: Denn wurde in einem Kontrollexperiment der Rosenduft während des Lernens nicht dargeboten, so hatte Rosenduft im Tiefschlaf keinen Effekt auf die Gedächtnisbildung.
Weitere Kontrollstudien belegten, dass die durch die Duftpräsentation hervorgerufene Reaktivierung der Lerninhalte nur im Tiefschlaf wirksam ist. Die erneute Präsentation des Rosendufts während des REM-Schlafs oder während des Wachzustands nach dem Lernen hatte dagegen keinen positiven Einfluss auf die Gedächtnisbildung. Der Effekt betraf speziell deklarative Gedächtnisinhalte (Bilderpaare des Memory-Spiels), für deren Einspeicherung der Hippokampus, eine Struktur in den Tiefen des Schläfenlappens, eine entscheidende Rolle spielt. Das Gedächtnis für eine motorisch-prozedurale Aufgabe (wiederholtes Tippen einer Fingersequenz), das nicht vom Hippokampus abhängt, profitierte dagegen nicht von der Duftstimulation während des Schlafs, wahrscheinlich weil im Gedächtnis Gerüche sich nur schwer mit motorischen Fertigkeiten verknüpfen können.
Mittels funktioneller Kernspintomographie zeigten die Wissenschaftler vom Institut für Neuroendokrinologie der Universität zu Lübeck und vom Institut für Systemische Neurowissenschaften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf im Verbund "NeuroImage Nord", dass die erneute Präsentation des während des Memory-Spiels dargebotenen Dufts im Tiefschlaf den Hippokampus aktiviert. Diese Aktivierung fiel im Schlaf sogar deutlich stärker aus als im Wachzustand. Während des Tiefschlafs scheint der Hippocampus also für Stimuli, die zu einer Reaktivierung der frisch aufgenommenen Gedächtnisinhalte führen, besonders empfänglich zu sein.
Die jetzt in "Science" veröffentlichte Studie liefert den ersten Beleg dafür, dass die im Tiefschlaf stattfindenden Gedächtnisreaktivierungen - hier experimentell induziert durch die Darbietung eines mit dem Lernen assoziierten Dufts - ursächlich zur Gedächtniskonsolidierung im Schlaf beitragen. Sie zeigen damit einen elementaren Mechanismus auf, wie im Schlaf Gedächtnis gebildet wird.
Quelle: idw – Pressemitteilung Universität zu Lübeck,
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