Jährlich werden allein in Deutschland über 15 Millionen mehr oder weniger große Operationen durchgeführt. Seit Jahren erhärten sich die Erkenntnisse, dass eine frühe Mobilisation der PatientInnen deutlich mehr Vorteile als Risiken birgt. Nun hat eine Forschungsgruppe die Daten von 8.653 PatientInnen ausgewertet und betrachtet, wie sich die Dauer der Mobilisation pro Stunde Aufenthalt im Krankenhaus auf die Komplikationsrate niederschlägt.
Methodik
Es handelt sich um eine retrospektive Auswertung der PatientInnen. Bisherige Untersuchungen zur Frühmobilisation zeigten bereits eine deutliche Tendenz hin zu „je früher, desto besser“. Daher ist eine randomisiert kontrollierte Studie mit dem direkten prospektiven Vergleich von früher versus später beziehungsweise wenig gegen viel Mobilisation aus ethischer Sicht nicht vertretbar. Auch wenn dieses Design die zuverlässigste Aussagekraft generieren würde. Aus genanntem Grunde unterliegt die neue Veröffentlichung naturgemäß relativ starken Limitationen. In der Betrachtung der gesamten wissenschaftlichen Datenlage fügt sie sich allerdings in das bisherige Bild mit ein und bestätigt die vorhandene Evidenz.
Die ProbandInnen
Zunächst wurden die Datensätze in zwei Cluster geteilt. Eine Gruppe mit weniger als vier Minuten Mobilisation pro Krankenhaus-Aufenthalt-Stunde (min/h) und eine mit mehr oder gleich (≥) vier min/h Mobilisation an die Bettkante und/oder aus dem Bett. Diese beiden Gruppen wurden dann auf Zwischengruppenunterschiede in den demografischen Daten analysiert. Alle Personen waren durchschnittlich etwa 58 Jahre alt. Es waren etwas mehr Frauen als Männer und hatten im Mittel einen BMI von 30.4. Im allgemeinen Gesundheitszustand unterschieden sich die Gruppen deutlich. Die weniger Mobilisierten waren etwas morbider. Auch der Grund der Operation wich teilweise signifikant voneinander ab.
Ergebnisse
Der größte Impakt intensiverer Mobilisation (≥ 4 min/h) wurde bei orthopädischen Operationen ermittelt. Hier war die Nebenwirkungswahrscheinlichkeit (Odds Ratio) um 32 Prozent niedriger als bei zögerlich mobilisierten Personen. Mit 25 Prozent geringerer Wahrscheinlichkeit folgte die Frühmobilisation bei kolorektalen Eingriffen. Auf OPs im Brustkorb ergab sich eine 21 Prozent verringerte Odds Ratio. Alle diese Ergebnisse waren statistisch hoch signifikant. Bei kardiologischen und anderen Operationen zeigten sich positive Tendenzen allerdings ohne klare statistische Signifikanz.
In einer weiteren Analyse wurde dann nochmals eine Abstufung vorgenommen. Hier zeigte sich, dass von null bis knapp acht Minuten pro Stunde Aktivität eine nahezu kontinuierliche Reduktion der Nebenwirkungswahrscheinlichkeit eintrat. Ab über 7,8 bis hin zu 55,8 min/h gab es eine minimale (nicht relevante) Steigerung der Odds Ratio. Diese Betrachtung bezog sich dabei allerdings auf „alle“ Operationsgründe.
Fazit
Auch wenn die Limitation des Designs als retrospektive Beobachtungsstudie ein gewisses Gewicht innehat, sind die Ergebnisse allein aufgrund der hohen Stichprobengröße ein klares Indiz dafür, PatientInnen so früh wie möglich und durchaus „lange“ an die Bettkante und/oder aus dem Bett zu mobilisieren. Ein weiterer Faktor, der leider unbeachtet bleibt, ist, ob das „weniger mobilisiert werden“ eventuell am Schweregrad der postoperativen Einschränkungen der Betroffenen liegt – und ob somit die Nebenwirkungswahrscheinlichkeit allein durch diese Betroffenheit ausgelöst wird.
Unterm Strich bleibt aber der Gesamtkonsens aus allen verfügbaren wissenschaftlichen Daten eindeutig hin zur Frühmobilisation und wird durch die aktuelle Veröffentlichung weiter gestärkt. Ein Abstract der Studie finden Sie hier.
Methodik
Es handelt sich um eine retrospektive Auswertung der PatientInnen. Bisherige Untersuchungen zur Frühmobilisation zeigten bereits eine deutliche Tendenz hin zu „je früher, desto besser“. Daher ist eine randomisiert kontrollierte Studie mit dem direkten prospektiven Vergleich von früher versus später beziehungsweise wenig gegen viel Mobilisation aus ethischer Sicht nicht vertretbar. Auch wenn dieses Design die zuverlässigste Aussagekraft generieren würde. Aus genanntem Grunde unterliegt die neue Veröffentlichung naturgemäß relativ starken Limitationen. In der Betrachtung der gesamten wissenschaftlichen Datenlage fügt sie sich allerdings in das bisherige Bild mit ein und bestätigt die vorhandene Evidenz.
Die ProbandInnen
Zunächst wurden die Datensätze in zwei Cluster geteilt. Eine Gruppe mit weniger als vier Minuten Mobilisation pro Krankenhaus-Aufenthalt-Stunde (min/h) und eine mit mehr oder gleich (≥) vier min/h Mobilisation an die Bettkante und/oder aus dem Bett. Diese beiden Gruppen wurden dann auf Zwischengruppenunterschiede in den demografischen Daten analysiert. Alle Personen waren durchschnittlich etwa 58 Jahre alt. Es waren etwas mehr Frauen als Männer und hatten im Mittel einen BMI von 30.4. Im allgemeinen Gesundheitszustand unterschieden sich die Gruppen deutlich. Die weniger Mobilisierten waren etwas morbider. Auch der Grund der Operation wich teilweise signifikant voneinander ab.
Ergebnisse
Der größte Impakt intensiverer Mobilisation (≥ 4 min/h) wurde bei orthopädischen Operationen ermittelt. Hier war die Nebenwirkungswahrscheinlichkeit (Odds Ratio) um 32 Prozent niedriger als bei zögerlich mobilisierten Personen. Mit 25 Prozent geringerer Wahrscheinlichkeit folgte die Frühmobilisation bei kolorektalen Eingriffen. Auf OPs im Brustkorb ergab sich eine 21 Prozent verringerte Odds Ratio. Alle diese Ergebnisse waren statistisch hoch signifikant. Bei kardiologischen und anderen Operationen zeigten sich positive Tendenzen allerdings ohne klare statistische Signifikanz.
In einer weiteren Analyse wurde dann nochmals eine Abstufung vorgenommen. Hier zeigte sich, dass von null bis knapp acht Minuten pro Stunde Aktivität eine nahezu kontinuierliche Reduktion der Nebenwirkungswahrscheinlichkeit eintrat. Ab über 7,8 bis hin zu 55,8 min/h gab es eine minimale (nicht relevante) Steigerung der Odds Ratio. Diese Betrachtung bezog sich dabei allerdings auf „alle“ Operationsgründe.
Fazit
Auch wenn die Limitation des Designs als retrospektive Beobachtungsstudie ein gewisses Gewicht innehat, sind die Ergebnisse allein aufgrund der hohen Stichprobengröße ein klares Indiz dafür, PatientInnen so früh wie möglich und durchaus „lange“ an die Bettkante und/oder aus dem Bett zu mobilisieren. Ein weiterer Faktor, der leider unbeachtet bleibt, ist, ob das „weniger mobilisiert werden“ eventuell am Schweregrad der postoperativen Einschränkungen der Betroffenen liegt – und ob somit die Nebenwirkungswahrscheinlichkeit allein durch diese Betroffenheit ausgelöst wird.
Unterm Strich bleibt aber der Gesamtkonsens aus allen verfügbaren wissenschaftlichen Daten eindeutig hin zur Frühmobilisation und wird durch die aktuelle Veröffentlichung weiter gestärkt. Ein Abstract der Studie finden Sie hier.
Martin Römhild / physio.de
KrankenhausMobilisationStudie
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