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Aber was sollen BetreuerInnen von Sportmannschaften empfehlen, wenn es dann doch zu einer Kopfverletzung gekommen ist? Bisheriger Usus war die strikte Empfehlung zur Schonung, was nach aktueller Datenlage wohl zu hinterfragen ist.
Rennen oder Rasten?
John Leddy von der State University of New York in Buffallo hat es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, ob sich aerobes Training nach einem milden Schädel-Hirn-Trauma positiv auf die Regeneration von SportlerInnen auswirkt. Dazu veröffentlichte er im Jahr 2019 die Daten einer quasi-experimentellen Studie mit 151 Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren, die eine Gehirnerschütterung erlitten hatten. TeilnehmerInnen, die ein aerobes Ausdauertrainingsprogramm durchliefen, zeigten hier tatsächlich einen positiven Effekt auf der Post Concussion Symptom Scale (nicht in deutscher Sprache vorhanden) und eine schnellere Sportaufnahme als die Kontrollgruppen, die ein Stretchingprogramm durchführten oder aufgefordert wurden, dem Körper Ruhe zu gönnen. Die Forschungsgruppe selbst erkannte zu diesem Zeitpunkt, dass die Daten auf wackligen Füßen standen, da ihre Studie methodische Mängel aufwies.
Um die Daten der vorherigen Studie zu überprüfen, wiederholte Leddy das Experiment, diesmal mit 118 TeilnehmerInnen zwischen 13 und 18 Jahren. Die im renommierten Fachjournal The Lancet veröffentlichte Studie wurde in Gegensatz zur vorherigen Untersuchung als randomisiert kontrollierte Studie designt. Eine Hälfte der ProbandInnen durchlief dabei ein aerobes Ausdauertraining, die Vergleichsgruppe ein standardisiertes Stretchingprogramm. Um dieses Mal nichts dem Zufall zu überlassen, wurde die Herzrate während des Trainings (bestehend aus Radfahren, Joggen oder Gehen) überwacht und die Zeit der Aktivität exakt dokumentiert. Das Training wurde unterhalb der Symptomschwelle durchgeführt. Im Gegensatz zur vorherigen Studie wurden statistische Verfahren zur Bereinigung von Ausfällen der TeilnehmerInnen verwendet.
Auch in der zweiten Untersuchung war das Ausdauertraining der eher schonenden Gangart überlegen. Innerhalb von vier Wochen erholten sich 32 Prozent der Stretching-Gruppe nicht, wohingegen 21-Prozent der Trainingsgruppe noch nicht wieder genesen waren. Im Mittel brauchte die Stretching-Gruppe 19 Tage, um sich von den Symptomen der Gehirnerschütterung zu erholen. Die Trainingsgruppe benötigte durchschnittlich lediglich 14 Tage. Wer sich konsequent an das vorgeschlagene Trainingsprogamm hielt, erholte sich sogar noch schneller. Bereits nach zwölf Tagen berichteten diese TeilnehmerInnen von einer Erholung, im Gegensatz zu 21 Tagen in der Stretching-Gruppe.
Paradigmenwechsel
Die ForscherInnen vermuten, dass bessere Regulation der Hirndurchblutung, ein erhöhter Vagotonus und/oder eine verbesserte Nervenzellregeneration durch das Training für die positiven Ergebnisse verantwortlich sein könnten. Eine kürzlich erschienene Meta-Analyse, die ebenfalls positive Effekte von einem Ausdauertraining nach einer Gehirnerschütterung erkennt, unterstützt die Ergebnisse der Forschungsgruppe um Leddy. In Zukunft sollten SportlerInnen ermutigt werden moderate Belastungen nach einer Gehirnerschütterung durchzuführen, um so dem Gehirn zu einer schnelleren Heilung zu verhelfen. Dabei sei es wichtig, so die ForscherInnen, dass das Training unterhalb der Reizschwelle liege. Studien, die die Auswirkung von Training in hohen Intensitäten untersuchten, deuten darauf hin, dass dieses die Regeneration verzögern könnte.
Daniel Bombien / physio.de
GehirnerschütterungTherapieTrainingStudie
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