News - Heilmittelrichtgrößenkrieg in Sachsen

Heilmittelrichtgrößenkrieg in Sachsen

Erste Wirtschaftlichkeitsprüfung provoziert Unmut der Kassenärzte. KV droht mit Mitwirkungspflichten.

29.10.2010 • 0 Kommentare

Sie wissen nicht, was sie getan haben, die bundesdeutschen Kassenärzte. Die Patientenversorgung kann zu einem ungemütlichen Spiel werden, wenn der Doktor nicht peinlichst genau Richtlinien und andere Vorgaben im Auge hat. Verordnungen ausschließlich zum Wohl und Frommen der Patienten können für den Arzt unangenehme Folgen haben: Liegt er mehr als 15 Prozent über den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und den Krankenkassen ausgehandelten fachgruppenspezifischen Richtgrößen, muss der Kassenarzt mit einem Prüfverfahren rechnen. Am Ende droht die Regresszahlung. Der Arzt muss die Kosten für die "zu viel" verordneten Leistungen aus eigener Tasche bezahlen. In Sachsen fanden jetzt für den Heilmittelbereich erstmalig Richtgrößenprüfungen statt. Die sächsischen Ärzte haben das Verfahren nicht, wie in anderen Bundesländern, zwar ärgerlich oder verängstigt, nach außen aber ruhig hingenommen. Kaum waren die Prüfbenachrichtigungen verschickt, hagelte es am Sitz der KV empörte Briefe und Telefonanrufe, was wiederum den KV-Vorstand veranlasste sich gegen "Beleidigungen" zur Wehr zu setzen.

Aufgebrachte Kassenärzte verglichen die Verantwortlichen für die "Prüforgie" mit "unrühmlichen Größen einer vor 65 Jahren zu Ende gegangenen Diktatur". Die Verärgerten sollten sich für die "Entgleisungen" entschuldigen, fordern die KV-Funktionäre. Es sei sicher nicht angenehm, für eine Sache kritisiert zu werden, bei der man der Überzeugung ist, das Richtige zum Wohle seiner Patienten zu tun, hieß es bei den KV-Verantwortlichen. "Grobe Beschimpfungen" müssten aber nicht hingenommen werden.

Die KV Sachsen ist von der Angemessenheit der Richtgrößenprüfungen überzeugt. Der Vorstand würdigt besonders die allen "auffälligen" Ärzten zugestellte "schriftliche Beratung zur wirtschaftlichen Verordnung von Heilmitteln". Kein Verständnis haben die Kassenarztfunktionäre für manch einen Prüfling, der das Verfahren blockiert, sich "zurücklehnt" und die Sache auf sich zukommen lässt. Dann werde vor dem Beschwerdeausschuss der ganze Sachverhalt "mit anwaltlichem Beistand" aufgerollt. "Dies führt dazu, dass die gesetzlichen Krankenkassen und die KV Sachsen die Anwaltskosten je zur Hälfte zu übernehmen haben", klagt die KV und droht: Mitwirkungspflichten bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung hätten die niedergelassenen Ärzte. Und die sollten sie bitteschön wahrnehmen.

Peter Appuhn
physio.de

Solingen

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