Therapie und Training
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Für die nächsten Wochen ist die Forschungseinrichtung "envihab" des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) das Zuhause von zwölf kerngesunden Männern zwischen 20 und 45 Jahren. Sie sind Probanden einer Langzeit-Bettruhestudie und werden deshalb nach zweiwöchigen Ausgangsuntersuchungen und -messungen anschließend für zwei Monate im Bett liegen. Dabei wird ihr Bett zum Kopf hin um sechs Grad nach unten geneigt sein, damit sich ihre Körperflüssigkeiten in Richtung Oberkörper verschieben; ihre Knochen und Muskeln der unteren Körperhälfte werden sich durch die Bewegungslosigkeit abbauen. "So simulieren wir die Auswirkungen der Schwerelosigkeit im All auf den menschlichen Körper", sagt DLR-Studienleiter Dr. Edwin Mulder: "Unsere Probanden sind sozusagen irdische Astronauten." Die Hälfte dieser Probanden wird auf einem speziell entworfenen Trainingsgerät liegend mehrmals in der Woche ein Sprungtraining absolvieren. "Wir wollen herausfinden, ob dieses sehr intensive Training eine effektive Gegenmaßnahme gegen den Knochen- und Muskelabbau sein kann", erklärt Mulder.
Derzeit müssen Astronauten an Bord der Internationalen Raumstation ISS nämlich über zwei Stunden am Tag Sport treiben, um die negative Effekte ihres Arbeitsplatzes auf ihren Körper möglichst gering zu halten. Mit der Studie im DLR soll nun unter anderem untersucht werden, ob andere Übungen sich nicht noch besser als Gegenmaßnahme eignen könnten. Die Probanden der Trainingsgruppe werden daher fünf bis sechs Mal pro Woche vor allem mit kleinen, kräftigen Sprüngen trainieren. "Ein kurzes, knackiges Training mit einem starken muskulären Reiz - so etwas gibt es im All bisher noch nicht", berichtet der Studienleiter. Insgesamt führen die beteiligten Wissenschaftler rund 90 Experimente durch: Neben den Auswirkungen der Inaktivität auf Knochen und Muskeln während der zweimonatigen Bettruhe untersuchen sie Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Gleichgewichtssinns, der Augen, der Thermoregulation oder auch des autonomen Nervensystems. Auf die Probanden kommen daher regelmäßig Untersuchungen und Messungen zu.
Einer der irdischen Astronauten ist Lucas Braunschmidt: Kerngesund, wie ausführliche Tests gezeigt haben, ungefähr im Alter eines Astronauten und medizinisch interessiert. In den 60 Tagen und Nächten, die er im Bett liegen wird, wird die Knochendichte seiner Beine und seiner Hüfte voraussichtlich um zwei bis vier Prozent abnehmen. Die Muskeln in den Beinen und im Rücken werden abbauen ? am stärksten ist dabei der Wadenmuskel mit bis zu 25 Prozent betroffen. Braunschmidt hat gerade seine dreijährige Ausbildung zum Ergotherapeuten erfolgreich abgeschlossen und schiebt die Teilnahme an der Studie vor seinem Berufseinstieg im nächsten Jahr ein: "Mich interessiert die Erfahrung." Später einmal werde er schließlich Patienten behandeln, die eben diese Erfahrung gemacht hätten: Bettlägerig, angewiesen auf die Hilfe anderer, mit Knochen und Muskeln, die erst wieder aufgebaut werden müssen. Außerdem plant Braunschmidt für die Zukunft ein Medizinstudium: "Mit der Studie lerne ich die neuesten Untersuchungsmethoden kennen, habe zum Beispiel bei der Knochendichtemessung meinen Körper zum ersten Mal so gesehen und sehe, wie Forschung abläuft."
Nach ihrem Aufenthalt im Forschungslabor nehmen die Probanden an fünf Nachfolgeuntersuchungen im Laufe der nächsten zwei Jahre teil. Mulder: "Bisher wissen wir, dass Knochenabbau wieder vollständig reversibel ist, allerdings dauert es länger, bis der ursprüngliche Zustand erreicht wird - und diesen Mechanismus wollen wir besser verstehen."
NUR / physio.de
SchwerelosigkeitSchlafStudie
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